Ein Kurzbeitrag von Dieter Böhme
Zu Kernenergie sollte man wissen, das sie die höchste Leistungsdichte aller Technologien zur Stromerzeugung hat. Das bedeutet, dass sie eine sehr hohe elektrische Leistung auf sehr kleiner Landschaftsfläche liefert und dies regelbar 7/24/365. Der Landschaftsverbrauch ist sehr gering, ganz im Gegensatz zu Photovoltaik, Windkraft oder gar Bio-Gas.
Uranbergbau ist deshalb nicht zwingend, weil man auch Thorium nutzten kann. Das fällt bei der Gewinnung von Neodym (Nd – Element der Selten Erden, Lanthaniden) z.B. für die Permanentmagnete der Generatoren von Windrädern massenhaft als Abfall an und verseucht die Landschaft in China (Innere Mongolei). Die Chinesen könnten das Nd künftig mit Th-Reaktoren zur Stromerzeugung „entsorgen“, falls dies für sie Priorität erlangen sollte.
Falls Sie auf Sicherheits-Aspekte zu sprechen kommen, muss man diese ernst nehmen, sollte aber ein paar Dinge wissen, die nicht in der Zeitung stehen. Über die Kernenergie wird auch nicht in Deutschland durch Debatten entschieden, sondern praktisch in der Welt. China hat dabei die Rolle übernommen, die Deutschland aufgegeben hat. Da können wir hier dagegen oder dafür sein, das interessiert soviel, als ob in China ein Sack Reis umfällt. Was man dennoch wissen sollte. Kernenergie diente nach dem 2. Weltkrieg primär dem Antrieb von U-Booten und Flugzeugträgern und der Produktion von waffenfähigem Plutonium (239-Pu). Entsprechend sah die Technologie mit herausnehmbaren Brennstäben und dem PUREX-Verfahren (Wiederaufbereitung genannt) zur chemischen Trennung von Plutonium und Uran aus (Plutonium-Uranium Recovery by Extraction). Strom konnte man mit der reichlichen Wärme der mit Uran (235-U) betriebenen und Plutonium (aus 238-U) erzeugenden Reaktoren auch generieren, vor allem als in den USA und Europa der Wohlstand ausbrach. Die militärische Nutzung von Kernreaktoren zur Plutonium-Erzeugung wurde der Öffentlichkeit freilich verschwiegen. Rein zur Stromerzeugung hätte die Kern-Technologie aber auch ganz anders aussehen können, z.B. ohne Brennstäbe und physikalisch inhärent sicher gegen Kernschmelze.
Bereits in den 1960-er Jahren gab es beim Oak Ridge National Laboratory in Tennessee einen Salzschmelz-Reaktor (molten salt reactor). Er war zum Antrieb strategischer Bomber entwickelt worden, wurde aber durch die Interkontinental-Raketen nicht mehr gebraucht. Er lieferte dann zwar Strom, passte aber nicht zur militärischen Infrastruktur.
Heute entwickelt das „Generation Four International Forum“ abgestimmt sechs Typen neuer Kernreaktoren der Generation IV. https://www.gen-4.org/gif/jcms/c_9260/public Konstruktionsmerkmale: physikalisch inhärent sicher, keine aktive Kühlung der Restzerfallswärme, betreibbar mit Uran (U), Thorium (Th) oder „Atommüll“. Voraussetzung für den Betrieb mit „Atommüll“ ist ein Reaktor mit einem Spektrum schneller Neutronen. In Russland ist der schnelle Reaktor BN-800 am Netz, der gem. den Abrüstungsverträgen USA-Sowjetunion gebaut wurde, um waffenfähiges 239-PU durch Transmutation zur Spaltung zu bringen. Plutonium ist ein Bestandteil von Atommüll, der somit physikalisch entsorgt werden könnte, ohne dass es ein geologisches Endlager braucht.
Auch GE-Hitachi hat seinen PRISM-Reaktor der Generation-4 so ausgelegt. Indien hat einen Thorium-Reaktor russischer Bauart am Netz und China einen Hochtemperstur Reaktor, mit dem an der heißen Zone (> 900 C) Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe ohne Umweg über Strom zu sehr niedrigen Preisen erzeugt werden könnten.
Über die Zukunft der Kernenergie wird praktisch in der Welt entschieden, nicht durch Debatten in Deutschland. Zu den Ursachen von Tschernobyl ist zu sagen, dass der Reaktor RBMK-1000 ein Graphit-moderierter Druckröhren-Reaktor war. Stand damaliger Technologie war er besonders effizient zur Erzeugung von waffenfähigem Plutonium, er hatte als solcher jedoch einen positiven Temperaturkoeffizienten. Dies bedeutet, dass die Kettenreaktion mit ansteigender Temperatur intensiver wird. Die Kernschmelze wurde dadurch ausgelöst, dass ein Havariefall trainiert wurde. Dazu wurde die Kühlung angeschaltet und die Notkühlung sprang nicht an. Solches hätte in Deutschland nicht passieren können. Denn alle deutschen AKW hatten negative Temperartur-Koeffizienten, das heißt, dass die Kettenreaktion mit steigender Temperatur ohne einen Regeleingriff von selbst schwächer wird. Störfälle wurden in Deutschland nicht am laufenden Reaktor trainiert, sondern nur in Simulatoren. Zu den Ursachen von Fukushima, bei dem es 16.000 Tote durch den Tsunami gab, aber meines Wissens keine durch die Reaktor-Havarie, ist zu sagen, dass die Reaktoren bereits beim Beben abgeschaltet wurden. Jedoch entsteht noch einige Zeit lang Restzerfallswärme, die nicht gekühlt werden konnte, weil die Flutwelle die Notstrom-Aggregate überflutet hatte. Beide Szenarien (Tschernobyl und Fukushima) sind durch die Merkmale der Generation 4 physikalisch (also ohne Regeleingriffe) ausgeschlossen. Hinzufügen kann man noch eine Menge sagen, ich habe mich aber bewusst, kurzgefasst. Viele Infos findet man z.B. hier, und zwar unabhängig davon, ob der dort vorgestellte Dual-Fluid-Reaktor (aus deutscher Konzeption) jemals in dieser Form realisiert wird. Doch Wissen schadet nicht.
Weitere Informationen https://dual-fluid-reaktor.de/