Wenn Staaten oder Gesellschaften sich entwickeln, entsteht irgendwann ein Freiraum, der nicht für den Erwerb der Überlebensgrundlage genutzt werden muss. Man macht sich Gedanken über dies und das, und deren Umsetzung schafft womöglich weiteren Freiraum. So Peter Lustigs banale Idee von der Entwicklung der Gesellschaft, aber läuft das wirklich so?
Wenn man auf das antike Griechenland und auf Rom schaut, hat man denen, die Denken konnten und wollten, auch genügend Freiraum dazu gelassen. Die Römer waren technisch in vieler Hinsicht auf einem Niveau, das nach ihrem Ende erst mehr als 1200 Jahre später erreicht wurde. Die Errungenschaften gingen verloren, als das Imperium von kulturell primitiven Völkern überrannt wurde. Aber das war es nicht alleine.
Wenn weltliche Fürsten absolute Macht ausüben wollen, ist freies Denken im Volk nicht so angesagt. Ingenieur- und kriegstechnische Leistungen ja, aber darüber hinaus bitte nicht. Nur lässt sich das schwer unterdrücken. Im Imperium Romanum gab es kaum effektive Mittel außer purer Gewalt, und das macht einen Herrscher nicht beliebter. Um 300 n.Chr. fand Kaiser Constantin aber das passende Mittel: von einem Tag auf den anderen führte er das Christentum als offizielle Staatsreligion ein und verbot alle anderen Religionen. Bereits zuvor hatte sich das Christentum als Brutstätte geistigen Schrebertums erwiesen, genau wie sein Vorläufer, das Judentum, war aber universell angelegt und nicht auf die Angehörigen eines Volkes beschränkt.
Man muss sich der Ironie des Ganzen bewusst sein: die Christen waren ein Haufen sich nicht nur bis aufs Messer, sondern auch mit dem Messer bekämpfender Sektierer, und nun kam ein Nichtchrist und regelte auf mehreren Konzilien, was Sache des christlichen Glaubens war. Er bestimmte, was geglaubt werden müsse und legte heute noch gültige Dogmen fest. Angeblich wurde er erst auf dem Totenbett getauft und war Zeit seines Lebens kein Christ. Christentum als politische Entscheidung, nicht als Glaubensentscheidung.
Die Rechnung ging auf: die Christen behielten ihre Militanz und verfolgten alle, die nicht der Staatsreligion anhingen. Nebenbei führten sie weiterhin erbitterte Kämpfe untereinander. Die regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten, eigentlich Gehirnwäscheveranstaltungen, war Pflicht und wer nicht kam, riskierte Kopf und Kragen. Und da die christlichen Dogmen nun nicht gerade von besonderer wissenschaftlicher Qualität wären, stellte sich das Denken ebenfalls ein. Auch technologisch ging es in der Folge bergab.
Die Nachfolger des zivilisatorisch zerfallenden römischen Reiches im Westen, die Franken, übernahmen das Christentum, weil sie die Potenz der geistigen Kontrolle erkannten. Die Folge war nicht nur eine immer stärkere Einschränkung des Intellekts, sondern auch etwa 500 Jahre brutal geführten Kampfes, wer letztlich der Oberboss war, bis sich die weltlichen Fürsten schließlich durchsetzten.
Die totale Kontrolle hat aber auch so ihre Gefahren. Das erste Millenium war dem Weltuntergang gewidmet – und verging wie das zweite Millenium ohne große Probleme. In den Kreuzzügen, dem Kampf Jesus Christus ./. Allah, siegte Allah und Jesus unterlag. Wissenschaftler verkündeten plötzlich Weisheiten, die nicht in der Bibel standen und noch heute vom Islam heftigst bekämpft werden. Die so genannte kleine Eiszeit brachte Naturergebnisse, die dem Glauben Probleme bereiteten: weder Vogelschwärme in den Kornfeldern noch Unwetter scherten sich um christliche Bannsprüche und gerichtliche Verurteilungen.
Jedes dieser Ereignisse produzierte Zweifler, die von den christlichen Kirchen (Plural im Vorgriff) immer brutaler bekämpft wurden. Ketzer wurden gleich städteweise komplett abgeschlachtet, zehntausende landeten im Laufe der Zeit als Hexen und Zauberer auf dem Scheiterhaufen, und das verblendete Sich-durch-die-Gegend-Morden erreichte vermutlich in der Conquista Südamerikas mit geschätzt 30 Mio Toten Indios seinen Höhepunkt.
Das System bröckelte, aber es hielt. Bis nach fast 1500 Jahren in der französischen Revolution die geistige Klammer gesprengt wurde. In wenigen Jahren nahm die Technologie einen riesigen Aufschwung, und wenn man die neueste Zeit betrachtet, hat sich in den 30 Jahren seit 1990 bis heute mehr bewegt als in den 1500 Jahren von 300 bis 1800, Errungenschaften wie den Kathedralen- und Schiffsbau eingeschlossen. Die geistige Macht der Kirchen ist gebrochen, und ihre heutigen Exponenten besitzen wie ihre Vorgänger nicht die geistige Potenz, etwas Neues zu entwickeln, und haben nicht den Support, sich gewaltsam durchzusetzen. Sollten die christlichen Kirchen ganz verschwinden – aus meiner Sicht wäre es nicht schade drum.
Folgt man Oswald Spengler, bewegt sich die Geschichte in Zyklen und wiederholt sich in wesentlichen Punkten. Wenn man nun meint, 1500 Jahre geistige Unfreiheit seien genug und gerade die moderne Gesellschaft mit ihren technologischen Möglichkeiten lasse einen Rückfall in alte Muster nicht zu, wird man derzeit belehrt, dass Spengler mit seinem Modell richtig liegt: der Weg geht wieder in Richtung geistiges Gefängnis und technologischen Verfall. Und das obwohl im Gegensatz zu Constantins Zeiten heute fast alle eine gute Bildung besitzen und daher erkennen müssten, wohin der Zug fährt.
Die Politik, genauso unfähig wie in früheren Zeiten, sich den Veränderungen anzupassen oder aus Fehlern zu lernen, im Grunde immer noch auf dem gleichen intellektuellen Stand wie vor 5000 Jahren, hat es immerhin hinbekommen, einen neuen Monotheismus zu schaffen. Montheismus ist die Voraussetzung für eine wirksame geistige Einkerkerung, da man sich nicht auf Alternativgrößen beziehen kann, und der neue Gott, der Jahwe ersetzt hat, heißt Kohlendioxid. Monotheismus mit allem drum und dran, beispielsweise einer Heiligen Jungfrau Greta, einem potentiellen Märtyrer Mikkel und einem täglichen Propaganda-Gottesdienst durch so genannte freie Medien und einen Staatspropagandarundfunk, die rund um die Uhr insbesondere die Jugend mit Fake-News beschallen.
Man muss sich auch hier der Ironie bewusst werden, die den weitgehend durchgesetzten Denk- und Redeverboten zu Grunde liegt: konnte der Mensch in der Antike vielfach nur aus eigener Erfahrung sagen „das stimmt doch gar nicht“, ist heute zumindest formal fast jeder in der Lage, „ich kann nachrechnen, dass das nicht stimmt“ zu folgern – und verleugnet trotzdem das Ergebnis seiner eigenen Rechnung. Alles läuft nach dem Prinzip „Das macht keinen Sinn, das muss stimmen!“. Es ist nur teilweise ein aufgezwungenes geistiges Gefängnis, in das man sich heute begibt; großen Teils ist es ein freiwillig gewähltes.
Makaber wird die Angelegenheit auch dadurch, dass der Schwachsinn sichtbar nicht funktioniert. Man mag ja spinnen können, ohne sich groß zu schaden, aber hier wird echter Schaden angerichtet. Die Energieversorgung wird immer wackeliger, stromintensive Industrie wandert trotz Subventionen ab, große Automobilzulieferer wie Bosch oder Continental haben bekannt gegeben, keinen Cent in der BRD für die E-Mobilität zu investieren und selbst VW wird in Emden wohl keine E-Autos bauen. Die Strompreise sind bereits die zweithöchsten weltweit, bei anderen Kosten sieht es nicht anders aus, aber alles dürfte noch sehr moderat sein, wenn jetzt über eine Kohlendioxidsteuer fabuliert wird, gewissermaßen eine Zwangskollekte zur Befriedigung des zornigen Gottes. Man kann es selbst in einigen Qualitätsmedien inzwischen nachlesen: wird das umgesetzt, was so nebenbei diskutiert wird, kommen Kosten zwischen 350 € und 650 € auf jeden einzelnen Haushalt zu – PRO MONAT, wohlgemerkt. Zu begreifen scheint das keiner.
Flankierend holt man sich noch Hilfe von der anderen primitiv-gesellschaftlichen Religion, dem Islam, ins Haus. Jeder Schwachsinn muss als religiöse Freiheit geachtet und darf nicht kritisiert werden, wobei ich inzwischen meine Zweifel habe, ob außer Schwachsinn auf etwas Sinnvolles in dieser so genannten Religion steckt. Bei der leisesten Kritik, selbst bei Unterstützung, finden sich spontan drei Arschlöcher, gründen einen Arschlochverein und fangen an, rumzustänkern – und werden Ernst genommen. Privilegierte und staatlich überalimentierte Exponenten dieser Hilfstruppen in der Politik schaffen es trotz ihrer Privilegien und exorbitanten Einkommen stets, sich als Opfer zu gerieren – und werden Ernst genommen. Kurzum, man holt sich die Primitivität selbst ins Haus (in der Antike mussten die noch gewaltsam die Grenzen überrennen).
Das Imperium Romanum ist mit weitaus günstigeren Voraussetzungen für einen kulturellen Niedergang komplett in der Primitivität versunken. Die BRD hat eigentlich günstigere Voraussetzungen, so einen Zerfall zu vermeiden. Im Moment sieht es aber so aus, dass der Sturz noch steiler und heftiger ausfällt und wider besseres Wissen selbst gewählt wird, im wahrsten Sinne des Wortes „wählen“. Denn das könnte man hier noch (in Rom gab es keine Wahlen). Aber hier wählt man Grün oder Rot, d.h. den weiteren Absturz.