Ein Kuriosum, in dem es bei der gestrigen Landtagswahl in Hessen ging, war die Änderung der hessischen Verfassung. Die sieht nämlich die Todesstrafe vor, obwohl selbige durch das Grundgesetz abgeschafft wurde. Das soll nun korrigiert werden; die hessische Verfassung soll grundgesetzkonform werden.
Dummerweise würde die hessische Landesverfassung mit dieser Änderung wiederum gegen die EU-Verträge verstoßen. Die sehen nämlich die Todesstrafe ausdrücklich vor:
Leider wurde die Todesstrafe über den EU-Vertrag von Lissabon den EU-Mitgliedsländern wieder erlaubt und trat mit 1. Dezember 2009 in Kraft:
Das ging so:
Schritt 1: Mit Artikel 6 des Vertrages von Lissabon wird wird die Charta der Grundrechte der EU rechtsverbindlich. (Wobei Großbritannien und Polen die Charta der Grundrechte der EU nicht umgesetzt haben!)
Schritt 2: Im Artikel 2 dieser Grundrechtecharta der EU steht unter (2): Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden. Allerdings gelten auch die Erläuterungen dazu.
Schritt 3: in den sogenannten Erläuterungen zu Artikel 2 der Grundrechtecharta der EU steht:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung des Artikels betrachtet,“ wenn es erforderlich ist, „einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.
Die zweite Ausnahme, wann die Todesstrafe verhängt werden darf: „Für Taten in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr.“
Die Formulierungen sind so gewählt, dass genügend Spielraum für Interpretationen bleibt. Nach EU-Recht hätte Spanien beispielsweise die Katalanen auch mit Maschinengewehren zur Vernunft bringen können. Es hätte nur noch eine Weil warten brauchen, bis Puigdemont die Unabhängig erklärt hätte.
Nun dürfte es natürlich problematisch werden, die spanische Polizei oder Armee auf ihre eigenen Landsleute schießen zu lassen. Die würden sich vermutlich glatt weigern und meutern. Aber auch da hat die EU Vorsorge getroffen und eine spezielle Söldnertruppe für genau diese Fälle geschaffen: die European Gendarmerie Force (EGF oder Eurogendfor). Die soll sich um Krisenfälle innerhalb der EU kümmern und ist so strukturiert, dass einem Schießbefehl wohl kein Widerstand entgegen gesetzt werden würde. Dubiose Einsätze in Krisenregionen hat sie schon hinter sich. Dubios vor allen Dingen deswegen, weil sie in den offiziellen Nachrichten gar nicht erwähnt wird und folglich rechtlich auch in allen vorhandenen Grauzonen agieren kann. Vielleicht nur Verschwörungstheorie, aber von der Gesamtstruktur her nicht unwahrscheinlich: die Vorgänge in Griechenland, speziell das Einknicken der Linksregierung hängt möglicherweise mit einer Einsatzdrohung der EU für diese Truppe zusammen. Das wäre dann der erste Einsatz gewesen, für den die Truppe gebildet worden ist; alle anderen Einsätze in Bürgerkriegsgebieten waren nur Training.
Wie wir wissen, steht EU-Recht über allem, was wir hier in der BRD GmbH an Rechtsgeschwafel aufzubieten haben. Selbst das Bundesverfassungsgericht wendet sich in Verfassungsfragen ja regelmäßig an den EU-Gerichtshof, um nachzufragen, ob gewissen Regelungen im Grundgesetz auch im Sinne der EU-Bürokratie sind. Es wäre doch sicher interessant, mal zuzusehen, was passiert, wenn die hessische Verfassung durch Abschaffung der Todesstrafe mit dem Grundgesetz harmonisiert wird und jemand Verfassungsbeschwerde gegen die Verfassungsänderung erhebt, weil diese mit höherrangigem EU-Recht kollidiert.