Wie tief geht’s denn noch runter?

Es ist eine Binsenweisheit, dass die Staaten, die am lautesten schreien, sie seien Demokratien, mit Demokratie am wenigsten am Hut haben. Beispielsweise diverse afrikanische Demokratien, die Demokratische Volksrepublik Korea (Kim-Jong-Un-Land), die Deutsche Demokratische Republik sowie deren Nachfolger, die Demokratische Bundesrepublik Deutschland. Andere brüsten sich zumindest nicht damit, in dem sie ungerechtfertigterweise solche Titel offiziell führen.

Früher mal halbwegs ein Rechtsstaat, ist die Bummsrepublik zum Willkürstaat mutiert, in dem Messerstecher und Vergewaltiger nahezu freie Bahn haben, während sich der Staat mit aller Macht darauf konzentriert, Verbaldelikte zu verfolgen, zu denen inzwischen auch das Aussprechen biologischer Fakten gehört. Ob etwas brutal geahndet wird, entscheidet nahezu ausschließlich die politische Ausrichtung des Sprechers. So darf man die AfD-Politikerin Alice Weidel ungeahndet eine „Nazi-Schlampe“ nennen (eine Bezeichnung, für die man bei einer Äußerung gegenüber Türken oder Arabern postwendend ein Messer im Bauch hätte), während die Formulierung „alles für D.“, die noch nicht einmal in einem anzüglichen Zusammenhang geäußert wurde, einem Rentner aus Bayern 150 Tagessätze wegen Volksverhetzung einbrachte, von denen er nun 75 hinter Gittern verbringen darf, da er weder in der Lage war, gegen das brutale Urteil vorzugehen noch die Strafe zu zahlen und die Behörden auch die in solchen Fällen geltenden Regeln der Stundung etc. nicht zum Zuge kommen ließen.

Aber es geht inzwischen auch ohne Urteil: zwei deutsche Journalisten, Thomas Röper und Alina Lipp, die aus Russland berichten, wurde alleine wegen dieser Tatsache von der EU-Kommission ausgebürgert und noch vorhandene Vermögenswerte enteignet. Wer jetzt noch an die beiden spenden sollte, z.B. über telegram und Krypto-Coins, sitzt ziemlich schnell und ziemlich lange im Knast. Die ganze Aktion, wohlgemerkt, wieder wegen verbalen Aussagen, die den Politikern nicht passen, und ohne einen Beweis, ohne eine Gerichtsverhandlung und ohne ein Urteil, das diese internationales Recht verletzenden Maßnahmen irgendwie rechtfertigen würden. Einfach so wird heute jemand, der etwas den Politikern nicht passendes sagt, in mittelalterlicher Manier für vogelfrei erklärt und kann vermutlich auch nach mittelalterlichem Brauch von jedem Passanten kurzerhand erschlagen werden, ohne dass diesem Konsequenzen drohen.

Es geht aber noch besser oder vielmehr noch tiefer in den ethischen Morast hinab. Ungeachtet der politischen Differenzen, die Staaten haben mögen, war es bislang üblich und legal, den zivilen Opfern militärischer Konflikte bzw. Ausrottungsaktionen eines Staates humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Selbst die Palästinenser in Gaza bekommen ja ab und zu ein paar Brocken zugeworfen, wobei ich aber inzwischen den Verdacht habe, dass die Westregierungen das zulassen, um das langsame Hinschlachten länger genüßlicher am Fernseher verfolgen zu können und verhungern einfach zu schnell geht und den Spaß verdirbt. Aber auch damit ist jetzt Schluss. Nicht mit Gaza, da will man sich den Spaß ja nicht verderben, aber woanders.

Beispielsweise leisten verschiedene Vereine humanitäre Hilfe im Donbas, indem sie Sachspenden dort hin transportieren und an Bedürftige verteilen: z.B. Rollstühle, Kinderwagen, Medikamente und anderes, was die Leute dort benötigen. Und zwar nicht erst seit Beginn des Krieges 2022, sondern schon seit 2015, also seit die ukrainische Führung es für besser befand, Bombenterror in den aufmüpfigen Gebieten zu betreiben anstatt sich an Verträge zu halten (noch heute wird den Ukrainer vorgeworfen, Zivilgebiete mit verbotener Streumunition aus westlichen Lieferungen zu beschießen). Das war den Behörden schon lange ein Dorn im Auge, aber bislang haben sich die Organisatoren davon nicht abschrecken lassen, weiter zu machen.

Um das ein für allemal abzustellen und die aufmüpfigen Vereinsmeier kurzerhand auf unbestimmte Zeit in den Knast werfen zu können, hat man die östlichen ukrainischen Oblasten kurzerhand als „terroristische Vereinigungen“ klassifiziert. Was schon ein G’schmäckle hat, denn zum Terrorismus zählen wahllose Gewalttaten gegen, neutral ausgedrückt, Nicht-Kombattanden, also Zivilisten. Dort wird aber militärisch gekämpft, was mit Terrorismus allenfalls bedingt vereinbar ist. Nach ca. 20.000 Toten durch ukrainische Kampfverbände mit schweren Waffen seit 2014 gebührt der Titel „Terrorist“ wohl eher Selenski und seiner Meute. Aber der trifft sich lieber mit seinen Freunden in Berlin.

Terroristen darf man nicht unterstützen. Statt also postwendend Merz, Steinmeier, Panzer-Toni & Co. festzusetzen, fährt die Bundesanwaltschaft nun dickes Geschütz gegen die Vereine auf: die Lieferung von humanitären Gütern wird als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bezeichnet und die Leute per Haftbefehl gesucht. Vermutlich, um sie dann wie die Rollator-Gang und die Minderjährigenbande, die man derzeit auf dem Kieker hat, auf Nimmerwiedersehen irgendwo verschwinden zu lassen. Man muss sich wirklich mal in die Gedankenwelt hinab bewegen, in der sich Bundesanwälte und Bundesrichter bewegen: wenn ernsthaft behauptet wird, eine Gruppe von ein paar Rentnern habe vorgehabt, mit Gehhilfen den Bundestag zu stürmen und die Regierung zu stürzen, dann macht es auch Sinn, die Lieferung von Rollstühlen an Krüppel in der Ostukraine als gefährliche Entwicklung anzusehen, könnten die doch kurzerhand an den russischen T90-, den amerikanischen Abrams- und den deutschen Leopard-Panzern vorbei rollen, Kiew erobern und Selenski stürzen.

Da kann man eigentlich nur noch Ludwig Thoma etwas abgewandelt zitieren:

„Er war Jurist und auch sonst ein Mensch ohne jeden Anstand, Moral und Ehre“

2 Gedanken zu „Wie tief geht’s denn noch runter?

  1. 2016 und 2019 fanden in Sachsen Polizeiübungen auf dem Grundstück statt, das ich samt Haus gemietet hatte. Der Oberstaatsanwalt meines Vertrauens zog seinen Beschluss zurück, weil in seinen Augen sein Verdacht unbegründet war. Mich brachte die Situation dazu, meine Artikel und Kommentare auf die Goldwaage zu legen, was sie oft nur noch für bereits Wissende verständlich macht.

  2. Macheten gefällig? Gibt es auf Nachfrage in Norma-Filialen für 9,95 Euro!

    [Redaktioneller Hinweis: der Kommentator will auf die Diskrepanz zwischen politischer Messerverbotshysterie und Realität hinweisen]

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