Die Bundeswehr und ihre Romantik

Wenn man in Deutschland bestimmte Wortpaare wie …. ….. oder …. …. benutzt, kann man sich ziemlich sicher sein, spätestens beim 2. Mal einem der mit Regierungsmitteln geförderten Denunziationsportalen aufzufallen und postwendend früh morgens einen Besuch von einem Durchsuchungskommando der ansonsten überforderten Polizei zu bekommen, wobei sich die Frage stellt, wie das eigentlich sachlich begründet werden kann.

Worte entstehen bekanntlich im Kopf und nicht spontan auf Mobilfunkgeräten, PC, zwischen für den Notfall gebunkerten Geldscheinen oder in der Schublade mit dem Küchenmessern. Und komplexe politische Ansichten wie „Ceterum censeo uniomen europaeam esse delendam“ lassen sich nicht in Wortpaaren wie …. ….. oder …. …. unterbringen. Sollten die tatsächlich gegen etwas verstoßen, das aus welchen Gründen auch immer verboten ist, kann man das ahnden, aber was soll dann das Durchsuchungskommando, das den Haushalt auseinander nimmt? Die Politikerbeleidigung oder die verbotene Wortkombination steht doch schon im X-Post, was will man da noch weiter finden?

Während Bürger schon bei harmlosen Wortspielen wie …. ….. oder …. …. Gefahr laufen, strafrechtlich belangt und mit Staatsaktionen überzogen zu werden, die hinterher von Gerichten als rechtswidrig beurteilt werden (z.B. die „so 1 Pimmel“-Äußerung eines Rentners, LG Hamburg, Urteil v. 28.6.2022, 324 Cs 150/22) zu werden,¹⁾ inszeniert die Bundeswehr in Litauen eine martialische Zeremonie mit Fackelspalier und Siegesappell – eine Inszenierung, die bei vielen Beobachtern Assoziationen an historische Propagandavorführungen wachruft. Ob das beabsichtigt war oder nicht, bleibt offen – auffällig ist das Bild trotzdem.

Das Ereignis war der Besuch des Heereschefs, Generalleutnant Christian Freuding, bei der Panzerbrigade 45 im litauischen Rūdninkai am 23. Oktober. Untermalt mit Nazgûl-Musik ließ die Presseabteilung auf dem Instagram-Account des Heeres seine Begrüßungsrede abspielen. Auch das dazugehörige Schauspiel ließ nichts zu wünschen übrig. Ein Spalier aus Fackeln, im dunklen Wald leuchtend, Feuerschalen mit Brigadewappen, eindrucksvoll in Szene gesetzte Panzer und Feuerwaffen – all das war Teil eines feierlichen Appells: Soldaten erschienen dazu zu Hunderten aufgereiht, diszipliniert und kampftüchtig, der General spricht zu ihnen und geht durch Feuerspalier.

Nach einer Soldatenmeldung zum Dienst fügt Freuding hinzu:

„Dass wir Sie hier kriegstüchtig ausbilden und dass Sie siegen können, wenn es darauf ankommt.“

Quelle: „Fackelzeremoniell in Litauens Wäldern: Generalinspekteur Freuding stimmt Soldaten auf „Sieg“ ein“, bitte suchen.

Der Link auf Instagramm ist schon recht eindrucksvoll. Aber ist die Aufgabe der Bundeswehr nicht die Verteidigung und nicht der Sieg irgendwo, wo es drauf ankommt? Fackelzüge, Feuerschalen, Symbolik, waffenstarrende Formationen in Farbe – fallen einem da nicht spontan Schwarz/Weiß-Aufnahmen mit ähnlichen Zeremonien ein? Und gibt es nicht ähnliche Zeremonien, die viel Aufregung und Polizeieinsatz verursachen?

Ich bin verwirrt. Nach welchen Maßstäben kann man sich überhaupt noch richten? Oder ist der Sinn dahinter einfach nur, dass man die Fresse hält?


¹⁾ Leider ohne irgendwelche Konsequenzen. Der Schaden ist angerichtet, ohne dass der Betroffene auf eine Entschädigung hoffen kann oder dass die Täter auch im Wiederholungsfall etwas befürchten müssen (vergleiche „lachende Staatsanwälte“ in einem Interview eines US-Nachrichtenmediums). Und auch die Gerichtsbewertung „rechtswidrig“ ist im Grunde mehr als scheinheilig, denn immerhin war es ein Richter, der die Hausdurchsuchung abgesegnet hat.

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