Vogelgrippe u.a. Tierseuchen

Wegen ein paar toten Kranichen werden 100.000-de von Tieren in Betrieben vorsorglich getötet.“ – Meldungen dieser Art überschwemmen derzeit die Medien und rufen Empörung unter Tier- und anderen Schützern hervor. Irgendwo kippt ein Kranich um, und schon wird eine Tötungsmaschine für gesunde Tiere in Gang gesetzt! Empörend!

Dummerweise verstehen es die Veterinärbehörden nicht, die Sache korrekt darzustellen. Druseln wir das mal für die Vogelgrippe auf. Diese ist eine endemische Krankheit bei den Entenvögeln und verläuft dort weitgehend so wie eine normale Influenza beim Menschen: man fühlt sich ein paar Tage unwohl und das war es dann. Da Enten wie andere Vögel aber nicht aufs Klo gehen, sondern überall auf die Wiese kacken, besteht eine gewissen Wahrscheinlichkeit, dass andere Vögel mit dem Vogelgrippevirus in Kontakt kommen. Das gilt das ganz Jahr über (im Gegensatz zur Influenza, die mehr saisonal grassiert), aber im Winter überleben die Viren etwas länger und zudem sind die Vogelpopulationen durch Zugvögel größer. Der eine oder andere Zugvogel wird sich infizieren.

Dummerweise ist die Vogelgrippe so konstruiert, dass sie für andere Vogelarten als Enten (Mortalität 1 – 3%) absolut tödlich ist (> 90% je nach Art). Treten vermehrt tote Vögel auf, werden die Veterinärämter aktiv und testen, woran sie gestorben sind. U.a. eben durch einen PCR-Test auf Vogelgrippe. PCR-Test haben dank des Missbrauchs während Corona nicht den besten Ruf, aber korrekt angewand zeigen sie ziemlich sicher die Todesursache an. Also: Kranich ist an Vogelgrippe umgekippt, und zwar sehr sicher.

Für Zuchttieren tritt in diesem Fall in einem definierten Umkreis um die festgestellten Fälle eine Stallpflicht in Kraft, unabhängig davon, ob es sich um Massentierhaltung handelt oder Hobby-Hühnerhalter. Bei Massentierhaltung sind die Tiere in der Regel gut isoliert: die Ställe arbeiten mit gefilterter Luft und sind nach außen abgeschottet. Oft passiert dann auch weiter nichts, bis wieder Entwarnung gegeben werden kann. Aber da Enten nun mal überall hin kacken, kann es passieren, dass der Stallknecht genau da reintritt und den Kot in den Stall verfrachtet. Es besteht also Sommers wie Winters wie Stallpflichtens eine gewissen Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit in den Stall getragen wird.

Passiert das und ein Tier erkrankt, wird getestet, woran es erkrankt (und ggf. verstorben) ist. Sagt der PCR-Test „Vogelgrippe“, ist der Gesamtbestand unrettbar verloren, weil unter den Bedingungen der Massentierhaltung eine erkrankte Henne bereits mehr als 80% der anderen angesteckt hat, bevor sie auffällt. Erst jetzt – definitiver und durch PCR-Test nachgewiesener Ausbruch im Betrieb – wird gekeult (anstatt die Tiere qualvoll verenden zu lassen). Also nochmal, damit das klar ist: „huch, da ist ein toter Vogel und jetzt keulen wir sofort alles in 30 km Umkreis“ ist das, was durch die unklare Darstellung bei der Allgemeinheit ankommt, gekeult wird aber erst, wenn die Krankheit im Betrieb definitiv ausgebrochen ist, und keine Minute vorher.

Man kann das Thema noch erweitern. In einem Massentierbestand ist aufgrund der Haltungsbedingungen JEDES Tier bereits infiziert, wenn das erste tot umfällt. In Bezug auf Vogelgrippe bedeutet das, das ohne weiteres Eingreifen von 100.000 Hühnern mindestens 99.000 ebenfalls tot umfallen werden. Es gibt aber auch andere Krankheiten mit geringer Mortalitätsrate, dafür aber Produktionseinbußen. Im günstigsten Fall könnten die Produkte – Fleisch, Eier – zwar verwertet werden, aber hier treten wirtschaftliche Gesichtspunkte in den Vordergrund. Die Betriebe operieren heute oft nahe am Rande der Wirtschaftlichkeit und krankheitsbedingte Einbußen von 5 – 10% in der Produktivität können rein rechnerisch dazu führen, dass Keulen des Gesamtbestands und Beginn von vorne wirtschaftlich günstiger sind. Rechtlich ist das kein Problem, da Tiere unter Sachrecht fallen.

Man kann letzteres zwar kritisieren und beispielsweise fordern, dass nicht gekeult wird und der Staat die Verluste ausgleicht. Allerdings kommen solche Vorfälle eigentlich nicht an die Öffentlichkeit. Da werden nur die toten Kraniche und „vorsorgliches Keulen“ verbreitet, weil eine solche Propaganda die Auflagen steigert.