Haben wir beim „falsch machen“ etwas vergessen?

Oder: warum das mit der Kriegstauglichkeit nichts wird

Wenn eine Gesellschaft oder der Einzelne etwas nicht braucht, dann ist das Krieg. Aber bekanntlich gibt es oft einen himmelweiten Unterschied zwischen dem, was man braucht (oder eben nicht), und dem, was man bekommt (oder kriegt, was als Vokabel zu dem Thema besser passt).

Nun hat unsere glorreiche Regierung festgestellt, dass es beim Krieg kriegen einige kleine Probleme gibt. Ich chronologischer Reihenfolge aufgelistet, hat sich die Bereitschaft der jüngeren Generation, „HURRA!“ brüllend bei Langemarck im 1. WK ins Maschinengewehrfeuer zu sprinten, in den letzten 111 Jahren doch merklich abgekühlt, und ein Blitzkrieg, der im 2. WK fast an der Ostgrenze Polens bzw. am Atlantik im Westen endete, würde heute zwar genauso schnell, aber eher bereits 25 km hinter der Standortgrenze enden, weil dann die verbliebenen betriebsbereiten Panzer ebenfalls ihren mechanischen Geist aufgegeben oder kein Benzin mehr hätten oder schlicht wegen fehlender Umweltplakette nicht durchs Dorf fahren dürften.

Daran muss man was ändern, und so trommelt Herr Bäcker, der aus Imagegründen seinen Namen zum lateinischen Pistorius mutiert hat, für die schnelle Herstellung einer deutschen Kriegstauglichkeit – womit auch schon die Liste der Fehler eröffnet wäre. Laut Grundgesetz – inzwischen eher ein „kein-Grund-mehr-für-dieses-Gesetz“, was aber zu lang wäre – darf Deutschland nur verteidigungstauglich sein, d.h. es darf sein Hausrecht mit allen Mitteln wahren, aber nicht beim Nachbarn aufräumen, weil man die Farbe des Sofas dort nicht mag. „Kriegstauglich“ schließt aber genau das mit ein, und da man in der Regel das hört, was man hören will, gehen die inneren Betriebszustände vieler Leute von Warnstufe Gelb auf Warnstufe Orange, egal, was Herr Bäcker nun genau damit ausdrücken wollte.

Die Wehrtauglichkeit, um es mal mit einer neutralen Vokabel zu belegen, spielt sich in einer Gesellschaft hauptsächlich zunächst in den Köpfen der einzelnen Menschen ab. Immerhin riskiert man beim Mitmachen seine Hüllenintegrität bis hin zur totalen Desintegration, was schon eine gewisse Motivation erfordert, effektiv mit zumachen. Fehlt die, wirft der Betreffende vielleicht die Flinte buchstäblich ins Korn, weil er dann schneller weglaufen kann, oder ergibt sich dem Feind in der Hoffnung, dort aufgrund der Verpflichtung, Kriegsgefangene zu ernähren, eine Hungersnot auszulösen, die den Feind zum Aufgeben zwingt. Aber bis dahin hat sein Land den Krieg mangels Zurückschießender vielleicht schon verloren.

Man muss dem Einzelnen also Gründe liefern, weshalb es sich lohnt, für sein Land einzutreten und als Erster zurück zu schießen, selbst wenn das bedeutet, dass sich der Lohn auf eine Schleife mit der Aufschrift „In tiefer Dankbarkeit …“ reduzieren könnte. Die erste Runde ist mit „kriegstauglich“ damit schon in den Sand gesetzt.

So ein junger Mensch, der für die Sache überzeugt werden soll, wird sich zunächst umschauen und versuchen, festzustellen, dass da etwas ist, das es zu er- und behalten gibt, und sei es nur für die Kinder, Enkel oder Neffen und Nichten. Physischer Verfall ist da eher ungeeignet, aber genau das ist es, was er erblickt: Unternehmen schließen, Läden bestehen nur noch aus leeren Schaufenstern, Restaurants sind verödet, Häuser verfallen und Wohnungen und Häuser stehen leer, weil sie weder vermietbar noch aufgrund von Auflagen verkaufbar sind. Motivierend ist das nicht. Wenn es schon kaputt ist, lohnt es sich nicht mehr, dafür Risiken einzugehen. Und anstatt jetzt auf Aufbau zu setzen, lassen die Verantwortlichen alles weiter verfallen und verlieren damit die zweite Motivations-Runde.

Aber wir haben ja noch unsere funktionierende Gesellschaft und unsere alte Kultur und die wollen wir uns vom Russen (oder Chinesen oder Iraner, je nachdem, wer zuerst hier ist) nicht kaputt machen lassen. Dummerweise stellt unser Jungspund an der Stelle fest, dass man sich mit ca. 15% der Gesamtbevölkerung gar nicht mehr unterhalten kann, weil die eine andere Sprache sprechen, die man nicht versteht, und auch nicht gerade unaggressiv auftreten, während die „alte Kultur“ von der politischen Klasse zugunsten einer „offenen und bunten Kultur“ negiert wird, wobei „offen und bunt“ nicht selten mit blutenden Wunden oder Hämatomen verbunden ist. Und dafür Kopf und Kragen riskieren? Dritte Runde verloren.

Immerhin hat man als junger Mensch hier ja noch eine Zukunft, die man sich aufbauen könnte. Oder eher nicht? Die Schulbildung ist hier inzwischen so gut, dass mancher Schulabgänger feststellen muss, dass er selbst für eine Lehre als Bäckereifachverkäufer (pistrinum venditor im Pistoriusschen Sinn) unterqualifiziert ist. Aber man kann ja noch ein Hochschulstudium der angewandten Geschwätzologie absolvieren und danach Taxifahrer werden – was in der Praxis daran scheitert, dass die Eltern so viel Geld in das Studium investieren mussten, dass es für den Führerschein nicht mehr reichte. Eine Lehre machen und eine gute Arbeit finden? Auf eine gute Zukunft in den eigenen vier Wänden hin arbeiten? In der Praxis ist es eher angesagt, die stabileren Kartons der nächsten Amazon-Lieferungen nicht wegzuwerfen, weil das Eigenheim auch aus einem Wellkartonverschlag an der nächsten Straßenecke und die Arbeit aus Beschriften von Schildern mit „ich habe Hunger“ bestehen könnte. Statt einer Zukunft politisch gewollt eher „No Future“, und dafür soll man auch noch kämpfen und etwas riskieren?

Was man fortsetzen kann. 15-Minuten-Städte, Autoverbote, Reiseverbote – no future. „Erleben Sie die Schönheiten von St. Petersburg. An der Spitze unserer Panzerdivisionen …“ wäre ein passender, einen Ausweg bietender Werbeslogan für die Bundeswehr, aber dazu reicht der Mut anscheinend doch noch nicht. Also riskiert unser junger Bürger lieber erst einmal nichts.

Nebenbei: die Beschreibung deckt das ab, was als Gefühl bei den Menschen ankommt. Offiziell ist das natürlich Desinformation und Propaganda und dem Land geht es blendend. Inoffiziell ist das alles aber durchaus real. Die USA stehen den hiesigen Verhältnissen in manchem nicht nur nicht nach, sondern sind geradezu führend. Mit ca. 1,35 Millionen Mann sind die US-Streitkräfte die drittgrößte Militärmacht (nach China und Indien), allerdings inzwischen mit kleineren Problemen bei der Rekrutierung. In einem Land, in dem morgens bei McDonalds erst die Fahne hochgezogen und die Nationalhymne intoniert wird, bevor man den ersten Hamburger bekommt, zieht der Spruch „Your Country needs You!“ vor den Rekrutierungsbüros derzeit immer weniger.

Wenn man das mit unserem Land vergleicht, wird es noch übler: würde ein Gruppe junger Menschen sich unter der Schwarz-Rot-Goldenen Flagge versammeln und geschlossen zur Bundeswehrmeldestelle gehen, würde man solche Rechtsextremisten erst mal vom Hof jagen (falls die Polizei nicht schon vorher diese Extremistenversammlung auflöst). Eine nationale Gesinnung als Voraussetzung für eine Verteidigungsbereitschaft – absolut undenkbar in diesem Land (anders wäre es vermutlich, wenn da eine Gruppe mit einer Regenbogenfahne in Tütüs oder Hundekostümen auftaucht, nur würden da die Rekrutierungsgespräche am Uniformproblem scheitern).

Eine Sache hätten wir ja noch, das Ruder doch noch herum zu reißen: eine starke und charismatische Führung, die begeistert. Wenn wir uns auf die Gefühlsebene begeben, ist das derzeitige Personal aber gefühlsmäßig das mit Abstand ekelhafteste, was aufzubieten war, durch die Bank gefühlt korrupt und gefühlt ausschließlich an Selbstbereicherung interessiert. Würde man das Personal namentlich mit gefühlten Eigenschaften auflisten, kämen Begriffe wie Finanzbetrüger, Finanzheuschrecke, Schwachkopf, Kinderbuchautor, Veruntreuer, Steuergeldverschieber, Monosynaptiker, Lügner, Körperverletzer, Rechtsbeuger, Berufslegastheniker u.v.a. zum Vorschein, um sich auf die höflicheren zu beschränken. Natürlich nicht als Eigenschaften, die man den Personen im juristischen Sinn und damit möglicherweise justiziabel öffentlich zuweisen würde, aber Gefühle eben und damit der psychologischer Hintergrund, weshalb ein Großteil der kriegstauglichen Zielgruppe auf X erklärt „und für dessen/deren persönlichen Vorteil soll ich mich in Gefahr begeben? Nö!

Als ob das noch nicht reicht, wird rhetorisch weiter kräftig Öl ins Feuer der Kriegsdienstverweigerer gegossen. Russland ist der große Feind und könnte … wobei sich alles auf Konjunktive beschränkt und Belege, aus denen man schließen könnte, Russland würde tatsächlich in einigen Jahren über die EU herfallen, nirgendwo präsentiert werden. Weil es die nicht gibt. Über die Ukraine hinausgehende Angriffsbewaffnung ist von Militärstrategen nicht zu erkennen, Russland betont, so etwas nicht vorzuhaben, und Analysten sind der Ansicht, dass es mit der derzeitigen hohen Moral und Motivation in der russischen Bevölkerung in Sachen Ukrainekrieg blitzschnell vorbei wäre, sollte dort jemand auf die Idee kommen, tatsächlich Expansionskriege nach Westen führen zu wollen.

Verbal und praktisch wird trotzdem weiter gemacht. Bundeswehrobergeneral Freuding spricht von Angriffen tief im russischen Hinterland, anstatt von der Möglichkeit, im defensiven Kriegsfall auch die russische Logistik angreifen zu können. US-General Donahue droht mit der Vernichtung von Kaliningrad, allerdings prinzipiell und nicht als Hinweis, dass eine Bedrohung von dort im Verteidigungsfall schnell neutralisiert werden könnte. Die einzige Panzerdivision Deutschlands wird im Baltikum direkt an der russischen Grenze aufgebaut, wo sie im Falle eines tatsächlichen Angriffs vermutlich schnell ausradiert wäre, aber eine echte Bedrohung für einen Angriff auf St.Petersburg darstellt. Strategisch wäre eine Aufstellung in Polen wesentlich sinnvoller, um dort im Falle eines tatsächlichen feindlichen Durchbruchs weiträumig operieren zu können. Die Ostseeanrainer lassen keine Gelegenheit verstreichen, den zivilen russischen Schiffsverkehr zu behindern, bis hin zur mehr oder weniger offenen Piraterie. Und wieso eine defensive Armee ausgerechnet mit F35, einer Art fliegendem Softwarefehler, ausrüstet werden soll, erschließt sich noch nicht mal den von mir befragten KI. Zusammengehen mit Frankreich wäre in vieler Hinsicht sehr viel sinnvoller.

Auch das natürlich alles Desinformation und Propaganda. Angreifen wird Russland, das ist dem Mainstream klar. Aber Desinformation und Propaganda hin oder her, das, was hier veranstaltet wird, weist gefühlt alle Züge der Vorbereitung eines eigenen Angriffskrieges auf. Aus Desinformations- und Propagandazwecken wäre es zumindest angesagt, das irgendwie zu kaschieren, um noch den einen oder anderen Soldaten rekrutieren zu können. Aber so wird das nichts.

Was falsch zu machen ist, machen diese Experten falsch. Und dabei habe ich noch nicht mal berücksichtigt, dass die soziale Aufgabe des Staates gegenüber der Gesellschaft zugunsten irrwitziger Aufrüstungsbeträge komplett abgewrackt wird, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, wozu diese Beträge notwendig und verwendet werden. Denn eine Strategie gibt es anscheinend auch nicht, was die Gefühlspalette um absolute Inkompetenz ergänzen könnte, wäre das Gefühl nicht schon seit Jahren weit verbreitet.

Neues Abenteuer Krieg? Die Rot-Grüne Energiewende funktioniert nicht. Hat Hanns-Werner Sinn schon vor fast 15 Jahren detailliert vorgerechnet. Und hat sich in der Praxis genau so wie vorausgesagt erwiesen. Aber nach Rot-Grüner Ideologie bedeutet das nicht etwa, dass es tatsächlich nicht funktioniert, sondern dass man es nur nicht lange genug versucht hat. 1000 WKA liefern bei Windstille keinen Strom? Aber vielleicht 2000! Zwei Weltkriege sind verloren worden? Aber vielleicht klappt es ja beim Dritten! Man muss es nur oft genug versuchen.