Harley Davidson und die EU

Die traditionsreiche Marke, die seit 1903 auf dem Markt wird (und angeblich versucht hat, durch Vorverlegung des Gründungsdatums mit dem Wettbewerber Indian [seit 1901] gleichzuziehen), hat gerade in Deutschland eigentlich immer ein recht gutes Standbein außerhalb der USA gehabt.

Wer den letzten Satz aufmerksam gelesen hat, dem wird das Präteritum am Ende aufgefallen sein. HD hat im Zeitalter der asiatischen Straßennähmaschinen schon geraume Zeit ein gewisses Clientelproblem: die Maschinen eignen sich weniger als Rennmaschinen, sondern mehr als Reisemaschinen, was nun eher die schon im Alter etwas fortgeschrittene Generation anspricht. Die hat aber auch mehr Geld, so dass die Preise auch höher sein dürfen. Ein großer Teil der Clientel besteht auch aus dem männlichen Pendant der weiblichen Modepuppe, die mit so genannten Custom-Bikes individuelle Metallgebilde besitzen, die sich weniger zum fahren, dazu um so mehr zum Protzen und Kopfschütteln anregen (wobei die Gruppe der Kopfschüttler deutlich größer sein dürfte). Die fahren denn auch in 6 Jahren insgesamt ca. 1.500 km, während ich mit meiner Road King in der gleichen Zeit ca. 60.000 km abgerissen habe.

Um mal nebenbei ein Vorurteil auszuräumen: die Maschinen sind im Werkszustand nicht extrem laut, außer wenn man am Hahn reißt und sie wütend macht oder komische Schalldämpfer einbaut. Mit meiner 107er durfte ich im letzten Jahr auch noch auf die kritischen Strecken in Österreich, was noch nicht mal jeder BMW erlaubt war. Das dumpfe Grollen der großen Motoren wirkt hat nur lauter als das „mimimi“ der Reisschüsseln.

Um auch ein jüngere Kundschaft anzusprechen, hat HD auch kleinere Motorräder mit 880 oder 1200 ccm herausgebracht, die zwar immer noch stolze Preise hatten, aber eben auch schon für weniger als 10.000 € zu bekommen waren (wobei die Preise eher politisch sind, um eine Balance zwischen genügend Kunden und Edelmarke zu finden). Diese Motorenreihen sind jetzt aber auch schon etwas in die Jahre gekommen.

EU und sonstige Gesetzgebung haben allerdings dafür gesorgt, dass durch immer neue bürokratische Normen die Motoren in Zeitzyklen überarbeitet werden müssen, die einen gewinnbringenden Abverkauf nur noch bedingt zulassen. HD hat als weltweit operierender Hersteller die großen Motoren angepasst, für die kleinen reichte die Zeit (oder die Lust oder das Geld?) nicht mehr. Ab dem 1.1.2021 bekommen die kleineren Maschinen hier keine Erstzulassung mehr – oder sollten keine mehr bekommen, denn die Frist wurde um 2 Jahre verlängert, als die EU merkte, dass das technisch so nicht funktioniert. Die übliche Vertrags- und Planungssicherheit, die man hier schon lange nicht mehr bekommt.

Ergebnis: die kleinste Maschine kommt ab 2021 mit 107 Kubikinch daher (Standard ist inzwischen die 114er) und kostet ca. 15.000 €. Da fängt die Messlatte inzwischen an. Oder anders ausgedrückt: HD hat die Konsequenzen gezogen und ist zu einer Luxus-Marke wie Porsche, Bentley oder irgendwelchen italienischen Nobel-Hobeln geworden, die eher die Clientiel ab gehobenem Crack-Dealer mit Hartz-IV-Grundversorgung anspricht. Außerhalb der EU bekommt man natürlich auch weiterhin die kleineren Modelle, die sich dort großer Beliebtheit erfreuen.

Das ist die Reaktion auf einen Markt, der aufgrund der überbordenden Bürokratie inzwischen für nationale und internationale Unternehmen unberechenbar geworden ist und von internationalen Unternehmen zunehmend geschnitten wird, weil auch die zahlungskräftige Kundschaft aufgrund der Bürokratie zunehmend wegbricht. Es ist sicher sinnvoll, auch andere Konzerne wie die japanischen oder koreanischen Automobilhersteller zu beobachten, ob sie noch etwas für den EU-Markt entwickeln oder so wenig Profit und Sicherheit in Aussicht ist, dass sie diesen Markt eben zukünftig schneiden.

Mal sehen, wie die finanziell bislang eher luxuriös aufgestellten offiziellen HD-Händler reagieren. Fallweise wird bereits ein etwas sorgenvolles Verhalten bis mildes Panikverhalten geschildert – und das dürfte nicht nur dem Lockdown geschuldet sein, sondern wesentlich tiefer gehen.


Ausblick: HD ist ja kein Einzelfall. Die Autokonzerne produzieren nur noch einen Bruchteil dessen, was vor einem Jahr noch vom Band lief und das meiste geht in den Export, während das Inlandsgeschäft stagniert. Mit Prognosen ist das so eine Sache, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Trotzdem sei mal eine gewagt: ein Auto hat heute eine Lebensdauer von 10-15 Jahren, bei moderater Fahrweise auch wesentlich länger. Das dürfte in etwa der Zeitrahmen sein, in dem man hier noch individuelle Mobilität beobachten können wird. EU-Land wird ein Land der alten Fahrzeuge werden, die wie Menschen irgendwann sterben.

So wird’s kommen, denn ich glaube nicht, dass die Völker Westeuropas diese geisteskranken Schwerstverbrecher in den Regierungen und der EU-Bürokratie zum Teufel jagen wird.