Ohne Auto ?

Obwohl selbst die Anwohner am Stuttgarter Neckartor bereits jetzt in der schadstoffärmsten Luft seit Beginn der Zivilisation leben (man denke an sehr enge mittelalterliche Städte mit nur wenigen Hundert Einwohnern, in denen aber jeder mit offenem Feuer kocht und heizt und seinen Abfall auf die Straße kippt), ist inzwischen ein Krieg der Grünen zur Abschaffung des Autos an sich entbrannt. Dazu stellen sich allerdings ein paar Fragen, und vielleicht findet sich ja einer der grünen Leser dieses Blogs, um sie zu beantworten.

Autofreie Städte

In einigen Städten (z.B. Berlin) bestehen Bestrebungen bis hin zu festen Absichten, die Städte durch Fahrverbote autofrei zu machen, welcher räumliche Umfang der Autofreiheit immer auch mit „Stadt“ in diesem Zusammenhang gemeint sei.

Nun befinden sich in dem betroffenen Gebiet nicht nur Gewerbeobjekte, es wohnen dort auch Menschen, von denen viele ein Auto besitzen, wie ein kurzer Blick in die Städte beweist. Was ist nun mit diesen Fahrzeugbesitzern? Dürfen die ihre Fahrzeuge behalten? Dürfen sie diese an den alten Stellen abstellen? Wie und wozu dürfen sie diese benutzen? Bei den Antworten ist bitte zu berücksichtigen, dass eine Zweiklassengesellschaft die Folge sein kann: Nichtstädter, die Autos besitzen (müssen), und Städter, die keine Autos besitzen (dürfen).

Bezüglich der Kontrolle liefert der ADAC ein Beispiel: in Madrid dürfen anscheinend Autos nur in die Stadtbezirke hineinfahren, in denen die Besitzer ihren Wohnsitz haben (wie weit dies die Verkehrssituation tatsächlich entspannt, ist leider nicht überliefert). Besucher wie Verwandte, Bekannte oder Handwerker müssen von den Besuchten bei der Verwaltung angemeldet werden. Versäumen sie dies, kostet der Besuch schon mal 70€ Ordnungsgeld oder die Rechnung des Installateurs beläuft sich auf 150€ statt auf 80€. Und so eine Anmeldung geht schon mal schnell unter, besonders bei gestressten oder älteren Leuten. Überwacht wird alles vollautomisch mittels Videoüberwachung. Frage: will man diese totale Überwachung, bei denen die Behörden auch noch genau wissen, wer wen wann besucht, wirklich?

Noch eine Frage zum autofreien Bereich: auch die dort wohnenden Leute wollen ja besucht werden und so mancher Besucher wird ein Auto benutzen. Wo sollen die parken? Sollen Wohnbereiche in zentrale Parkhäuser umgewandelt werden?

Zu Fuß oder mit dem Fahrrad

Man könne ja viele Wege auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen, heißt es immer. Im Ruhrgebiet mit einer Ost-West-Ausdehnung von knapp 100 km baut man dazu sogar „Fahrradautobahnen“. Aber mal ernsthaft: welche Entfernungen kann man den Bürgern eigentlich zumuten?

Wenn man zu Fuß unterwegs ist, ist ein Fußmarsch von 15-20 Minuten vermutlich schon viel. Nicht, wenn man zum Spaß spazieren geht, aber wenn man ein festes Ziel erreichen muss wie die Arbeitsstelle, den Supermarkt, den Sportclub oder die Freunde vermutlich schon. Macht eine Entfernung von ca. 1 km. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Strecken in der Regel zweimal zurück zu legen sind (hin und wieder zurück, wie im Hobbit-Buch) und mehrere solcher Wege pro Tag anfallen: Arbeit, Kinder zum Kindergarten, Einkaufen, Sport, … . Was ist dem Bürger wirklich zumutbar?

Zu berücksichtigen ist auch der Zweck der Operation: beim Einkauf fallen ziemliche Lasten an, im Extremfall der Bierkasten für die geplante Fete. Wie viel kann man über welche Entfernung schleppen? Soll der Bürger 5x in der Woche einkaufen gehen statt wie derzeit 1-2x mit größeren Einkäufen (auch das wäre Zeit)? Soll jeder mit einem Bollerwagen herumlaufen (kostet Kraft und Platz)? Sollen die Sachen geliefert werden? Wenn ja, von wem, denn irgendwer muss die Arbeit dann ja auch machen? Was ist mit älteren Leuten, die weniger belastbar sind als 20-Jährige?

Man kann natürlich auch das Fahrrad nehmen und kommt dann auf Entfernungen um die 6 km bei gleichem Aufwand. Ein Fahrrad kann man auch nicht bei jedem Wetter benutzen, zu Fuß gehen geht hingegen bei fast jedem Wetter irgendwie. Mit einem eBike gehen vielleicht auch 10 km, aber aus Erfahrung weiß ich auch, dass mehr eine ziemliche Belastung werden, wenn man es regelmäßig machen muss. Es gibt natürlich Leute, die das aus Prinzip und gerne machen. Es gibt aber auch Leute, die klettern auf das Matterhorn, und die kann und wird sich nicht jeder als Vorbild nehmen.

Also was kann man einer Familie mit Kindern, in denen beide Eltern arbeiten, wirklich zumuten? Die Antwort muss dann berücksichtigen, dass sie das jeden Tag leisten müssen, denn das Auto wäre ja weg (sonst fahren sie doch wieder damit herum).

Öffentlicher Personennahverkehr

Wenn man sich dem Thema zuwendet, wären erst einmal eine Reihe von Fragen zu stellen, die man leider immer bewusst ausblendet:

  1. Wie weit darf die nächste Haltestelle entfernt sein (siehe Kapitel zuvor)? Auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Entfernung doppelt anfällt und ggf. erfordert, dass man zu Hause und am Ziel ein Fahrrad bereit halten muss.
  2. Welche Wartezeit ist zumutbar? Dabei wäre auch zu berücksichtigen, dass häufig umgestiegen werden muss. Die Wartezeiten sind ebenfalls vorhanden.
  3. Welcher Preis ist zumutbar? Heute ist der ÖPNV viel zu teuer. Ein Jahreticket kostet oft über 1.000€ und wird während des Urlaubs nicht genutzt, verfällt also. Eine einzelne Fahrt kostet meist mehr als Hin- und Rück- und erneute Hinfahrt mit dem Auto.
  4. Welches Zeitfenster ist notwendig? Es nützt wenig, wenn man Abends zum Sport oder ins Kino möchte, der letzte Bus aber bereits um 20:00 Uhr oder früher fährt wie in vielen kleineren Städten oder ländlichen Gebieten.
  5. Wie lange darf die Fahrt zum Bestimmungsort dauern? Während meines Studiums bin ich mit dem Auto in ca. 40 Minuten zur Uni gekommen. War es mal kaputt, fielen im ÖPNV schon mal 1,5-2 Stunden an.

Zum Thema Preis wird häufig ein 365€-Zwangs-Ticket pro Person vorgeschlagen. Wofür soll das gelten? Für die Stadt oder für die gesamte Republik? Bei einer mehrköpfigen Familie macht das auch schnell das heutige Jahresticket aus. Zudem sollen das anscheinend auch Landbewohner zahlen, die zum großen Teil überhaupt keine Möglichkeit haben, den ÖPNV überhaupt zu benutzen. Ist es sozial zu rechtfertigen, dass eine Mehrklassengesellschaft entsteht, in der einige überproportional profitieren, während andere die Leistung gar nicht in Anspruch nehmen können? Was ist mit Ausländern (oder Stadtbesuchern, falls das Zwangsticket nur für ein bestimmtes Gebiet gilt)? Dürfen die umsonst fahren? Oder müssen die zahlen (was wieder Kontrolleure notwendig macht)?

Nehmen wir mal an, nach Beantwortung der Fragen hätte man einen Plan für den inneren Stadtbereich, der Einfachheit halber als quadratische Fläche mit dem Stadtkern im Zentrum vorzustellen, aufgestellt, der die Anforderungen erfüllt. Binden wir jetzt ein paar Außenbezirke ein, indem das ursprüngliche Quadrat mit 8 weiteren Quadraten gleicher Ausdehnung umgeben wird. Das dürfte ungefähr den Verhältnissen der bewohnteren Gebiete einer Stadt entsprechen. Vom Stadtzentrum aus gesehen haben wir den Radius damit verdreifacht, die zu bedienende Fläche wächst aber mit dem Quadrat der Entfernung. Wie weit kann man die Dienstleistung des ÖPNV überhaupt ausweiten, wenn der Aufwand quadratisch mit den Entfernungen wächst? Zudem lässt die Siedlungsdichte nach: die Häuser werden zum Stadtrand hin oft kleiner. Damit fällt auch die Nutzerzahl des ÖPNV pro Fläche. Ab welcher Nutzerzahl lässt sich der ÖPNV überhaupt noch wirtschaftlich bewältigen, ohne massiv an den Leistungen zu knabbern? Die bisherigen Erfahrungen sind da eher schlecht bis sehr schlecht. Im ländlichen Bereich nicht selten so, dass man nicht am gleichen Tag in die Kreisstadt und wieder zurück gelangen kann.

Lässt sich das Fahrzeitproblem überhaupt noch regeln? Denn wenn man von einem Außensektor in den anderen muss, muss man entweder über Zentralbahnhöfe, was Zeit kostet, oder der Aufwand wächst noch schneller als quadratisch. Was ist zum Beispiel mit einer Familie, in der beide arbeiten? Dürfen beide nur noch Arbeitsstellen annehmen, die in der Nähe der Wohnung liegen? Muss einer dann zwangsweise arbeitslos bleiben? Muss man zwangsweise umziehen, wenn man woanders eine Stelle bekommt? Müssen Landbewohner zwangsweise in die Stadt ziehen, wenn sie dort arbeiten? Oder in die Nähe ihrer Fabrik, wenn diese ebenfalls auf dem Land liegt?

Allgemeine Mobilität

Heute fahren viele Städter am Wochenende „mal eben zur Erholung auf’s Land“. Soll das wegfallen ohne Auto? Denn mit dem ÖPNV sind die Erholungsgebiete in den seltensten Fällen zu erreichen, außer vielleicht mit dem Taxi, was sich nur wenige leisten können. Zumal auch noch Gepäck zu transportieren ist. Sollen die Leute in der Tourismusbranche alle entlassen werden, weil die Gäste wegfallen? Ist es tatsächlich gewünscht, die Menschen in ihren Gegenden zu isolieren, weil sie andere Gegenden wie vor 200 Jahren gar nicht mehr in sinnvollem Rahmen erreichen können? Urlaub nur noch für Reiche, so wie früher? Kinder, Eltern und andere Verwandte möglicherweise nur noch 1-2x im Jahr sehen, weil die Reisen viel zu aufwändig werden?

Liebe Gutmenschen und grüne Vielflieger, wollt ihr wirklich für die breite Masse der Bevölkerung wieder Zustände wie im 18. Jahrhundert zwangseinführen? Denn andere Alternativen sind bei euren Konzepten nicht sichtbar. Wo sind Konzepte, die das vermeiden?

E-Mobilität

Das hatten wir schon mehrfach, aber trotzdem „once again“. E-Autos wird es nur für wenig geben:

  1. Sie sind teurer als konventionelle Fahrzeuge und werden das auch bleiben. Viele können sich dann kein Fahrzeug mehr leisten.
  2. Eine Infrastruktur ist in der Breite nicht vorhanden und nicht absehbar. Falls jemand einen Stellplatz besitzt, sind erhebliche Investitionen notwendig. Wer keinen festen Stellplatz besitzt – und das ist in den Städten die Mehrheit – schaut in die Röhre.
  3. Die EVU geben unumwunden zu, dass sie eine größere Anzahl an E-Fahrzeugen aus verschiedenen Gründen gar nicht laden können. Wenn man sie direkt anspricht, bekommt man diese Aussage. Manche EVU wie die EWE in Norddeutschland hat diesen Bereich aber in eigene Gesellschaften ausgegliedert, in denen PR-Fuzzis angestellt werden, deren Zahlenraum bei 10 endet. Und genau diese Qualität haben dann auch deren Antworten.

Auf manchen Photoshop-Simulationen sieht man Ladesäulen an jedem Stellplatz an der Straße. Auch davon (Flächenproblem) brauchte man mehrere Millionen mit entsprechender Verkabelung, wenn in D nur noch E gefahren wird, was ja ab 2030 der Fall sein soll. Ist irgendwo mal der Aufwand dafür kalkuliert worden? Damit meine ich nicht nur Geld, sondern auch Material und Bauaufwand, was extrem zu Lasten des angeblich einzusparenden CO2 geht. Damit die Säulen jeder nutzen kann, müsste allerdings jedes Auto kodiert beim Anschluss seine Daten für die Abrechnung übertragen. Mindestens deutschlandweit. Auch da wieder die Frage: will man es wirklich, dass jederzeit genau kontrolliert werden kann, wer wann mit seinem Auto wohin gefahren ist? Und selbst dann wäre Problem 3. immer noch nicht gelöst.

Neulich war auf der Autobahn A31 wieder ein Riesenstau mit 2h Wartezeit. Auf der Autobahn geht es normalerweise zügig voran, was die Reisenden einkalkulieren. E-Autos wären dabei reihenweise abgekackt, weil der Stau eben nicht einkalkuliert war. Sind solche Probleme irgendwo in der Gutmenschenrechnung einkalkuliert? Ich habe bislang nichts gefunden.

Was ist mit internationalem Verkehr? Viele Länder der EU wie Polen, Frankreich, Spanien und andere können und werden nicht auf E-Mobilität umsteigen. Flächenmäßig funktioniert das nicht bei den dort anstehenden Entfernungen, kostenmäßig funktioniert das ebenfalls nicht. Hier E-Mobilität bedeutet aber auch: hier weniger bis keine Tankstellen. Ist für Deutsche und Ausländer dann an der deutschen Grenze Schluss mit Individualverkehr? Sieht so das goldene Zeitalter des Zusammenwachsens aus?


Möglicherweise fallen dem einen oder anderen Leser noch weitere Fragen ein. Wo sind die Antworten? Von mir aus kann man ja versuchen, die Zahl der Autos auf den Straßen zu verringern, wozu am Besten eine Reduzierung der Bevölkerungsanzahl taugte. Deutschland wäre inzwischen bei ca. 65 Mio Einwohnern, wenn man nicht krampfhaft fast 20 Mio, davon viele in die Sozial- oder Kriminalitätssysteme, importiert hätte. Das würde schon einiges ausmachen. Aber gebt erst mal Antworten, wie das sonst funktionieren soll. Wie stellt ihr euch das Leben des Durchschnittsdeutschen in der Zukunft vor? Und ist das die Zukunft, die sich die Jugend, deren Zukunft ja heute vernichtet wird (sie machen das vorzugsweise selbst), sich vorstellt?

Vermutlich kommen aber wieder nur Pöbeleien aus der grünen Ecke.


Entgegen meiner Befürchtung gab es bislang nur einen höflichen Kommentar, der aber zeigt, dass vom obigen Text absolut nichts verstanden wurde (kommentiert in der Reihenfolge der Absätze):

(1) Autofreie Städte mit vollständigem Fahrverbot und Grenzwerte für den Verbrauch, die technisch nicht zu erfüllen sind sowie ein vollständiges Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2030 – das ist schon ein generelles Verbot des Besitzes von Fahrzeugen für die Bewohner bestimmter Regionen und bestimmter Einkommensklassen. Mindestens die Grünen meinen das Ernst. Vielleicht mal deren Programm lesen?

(2), (3), (4), (5) Um diese Themen ging es im Beitrag nicht. Habe ich alles so unverständlich formuliert, dass du nichts mitbekommen hast? Beispielsweise zu (3): es geht nicht ums gerne Radfahren am Wochenende, sondern die Verwendung des Rades für alle Wege. Was ist an dieser Fragestellung nicht zu kapieren? Zu (5): Interessant, denn die schweren Dinger über 2 to sind ausgerechnet die E-Fahrzeuge. Audi Q8: 1,8 to, Audi E-Tron 2,7 to, außen fast gleich. Also machen wir die Steuern für E-Autos höher. Einverstanden.

(7) und danach (6): was ist an dem Satz „vielleicht findet sich ja einer der grünen Leser dieses Blogs, um sie zu beantworten“ nicht zu verstehen? Ich stelle nicht mir Fragen, sondern euch grünen Spacken, denn ihr geht mit den Ideen hausieren, die solche Fragen aufwerfen. Wenn ihr bestimmte Sachen wollt, dann denkt sie gefälligst bis zum Ende durch, insbesondere wenn fundierte Kritiken oder Fragen kommen. Wenn ihr das verweigert, wundert euch gefälligst auch nicht, wenn Leute wie ich euch für dämliche Blödhammel halten. Quid pro quo: diskutiert am Thema und wir kommen ins Geschäft.