Die Bummelwehr

Wenn vom Militär die Rede ist, denkt jeder dank Filmen und Videospielen spontan an SEALs, Green Barrets oder zumindest einen Trupp Marines, die eine Iron-Man zum Warmwerden, um anschließend eigens in Bussen angekarrte Gegnerscharen fertig zu machen und stets darauf bestehen, dass selbst abgeschossene Unterschenkel nichts weiter als Fleischwunden sind, die sie kaum in der Beweglichkeit beeinträchtigen. Inzwischen nicht nur Männer, sondern auch Frauen, weil das in Filmen einfach besser aussieht, wobei die Primärwaffe stets im Outfit der Protagonistin zu suchen ist (Standarddialog: Er: „Hat man dich schon mal mit einem Mann verwechselt?“ – Sie: „Nein. Und dich?“)

Und dann kommt die Bundeswehr: 180.000 Mannende (oder Frauende, inzwischen auch Queerende und 44 andere -ende), die schon einmal um die 25.000 private Wachschutzleute benötigen, um die Einrichtungen zu bewachen, deren U-Boote nur tauchen, aber nicht mehr auftauchen können und deshalb im Trockendock liegen. deren Hubschrauberpiloten beim ADAC mitfliegen, um überhaupt auf die notwendigen Flugstunden zu kommen, deren Flugzeuge meist nicht fliegen, was aber nichts macht, weil deren Piloten vielfach aus Mangel an Fluggelegenheit ohnehin nicht mehr fliegen dürften, deren Panzer als mangels Beweglichkeit als Festungsgeschütz eingesetzt werden müssen, falls die Kanone noch funktioniert (sonst eben als Hindernis) und deren Infanterie (heute: Panzergrenadier) sich nach 20 km Marsch krank meldet und Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Menschlichkeit einreicht. Von den 180.000 Mann sind gerade einmal ca. 4.500 in Einsätzen beschäftigt, und schon wird öffentlich verkündet, die Armee könne keinen weiteren Einsatz mehr stemmen, 40 Mrd. € Budget hin oder her. Zusammengefasst: sollte die luxemburgische Armee unter Aufbietung aller 1.100 Man hier einmarschieren, scheint eine erfolgreiche Landesverteidigung gerade noch möglich, sollten sich die Luxemburger aber mit den Liechtensteinern zusammen tun und einen konzentrischen Angriff beginnen, ist das militärische Ende Deutschlands abzusehen.

Donald Trump sieht das einzige Mittel in mehr Geld, 65 Mrd. € statt 40 Mrd. €, und wäscht dem Hosenanzug derzeit dazu die Leviten. Aber das ist es mit Sicherheit nicht. Es würden halt 65 Mrd. € in den Sand gesetzt ohne dass sich am Zustand der Bummelwehr viel ändern würde. Um das zu verstehen, muss man sich erst einmal darüber klar werden, dass seit 1870/71 eine moderne Armee nichts anderes ist als ein riesiges Logistikunternehmen, sozusagen Amazon 07 mit der Lizenz zum Töten. Selbst in einer Kampfdivision des 2. WK waren 2-3 Mann damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass einer kämpfen konnte, und in Summe des Gesamtkrieges sind es vielleicht 10-20% der Soldaten, die wirklich mit Waffen aufeinander losgehen. Der Rest sorgt dafür, dass die Waffen funktionieren, genug Munition da ist, der Kämpfer verpflegt werden und zwischendurch auch aufs Klo gehen kann und Ersatz da ist, sollte der Kämpfer dummerweise mal um die falsche Ecke schauen.

Damit eine solche Maschine funktioniert, muss erst einmal ihre Grundaufgabe definiert werden. Laut Grundgesetz ist das die Landesverteidigung, und das muss man wörtlich nehmen, also die Verteidigung des Bodens Deutschlands. Für diese Aufgabe muss die militärische Führung Material und Mannschaften planen. „Das Grundgesetz wird auch am Hindukusch verteidigt“ ist in diesem Sinn so ziemlich der dümmste Spruch, der existiert, aber gerne politisch umgewälzt wird. Um das effizient in die Wege zu setzen wäre nämlich eine völlig andere Logistikplanung notwendig, u.a. eine entsprechend ausgerüstete Flotte und Luftflotte. Die Bundeswehr ist strategisch aber ein lokale Verteidigungsarmee. Das trifft sogar auf die potentiellen Gegner Russland und China zu. Die einzige Armee der Welt, deren Grundaufgabe die Entfaltung beliebigen Terrors weltweit innerhalb kürzester Frist ist, ist die US-Armee. Dort ist die Landesverteidigung gar nicht erst eingeplant und wäre im Zweifelsfall Aufgabe der Nationalgarden, die jeder Bundesstaat für sich unterhält. Trotz dieses grundsätzlichen Planungsfehlers eifern die deutschen Politiker, im internationalen Terrorspiel der Amerikaner mitzumachen. Das muss eben alleine schon deshalb schief gehen, weil die Planung gar nicht dahin geht, und geht auch schief. Soldaten müssen mit Linienflügen in die Kampfgebiete gebracht werden, deutsche Marineeinheiten, die für begrenzte Aktionen in der rauen Nordsee gebaut sind, gehen in klimatisch völlig anderen afrikanischen Meeren schnell kaputt, sind eine Qual für die Mannschaften und können noch nicht einmal richtig versorgt werden.

Geld ist es also nicht. Es wäre erst einmal eine andere Definition der Grundaufgabe notwendig. Das traut sich allerdings keiner, denn „wir wollen jederzeit ohne Vorwarnung überall auf der Welt massiv zuschlagen können“ dürfte beim deutschen Wähler nicht ankommen, egal aus welcher Ecke der kommt.

Trotzdem werden deutsche Soldaten quer über die Welt verteilt, aber hier gleich mit dem nächsten Fehler: der fehlenden taktischen und operativen Aufgabe. Krieg darf man es ja nicht nennen, auch wenn sich alles in einem Gebiet abspielt, in dem andere mit Waffen aller Art aufeinander losgehen. Stets sind es „humanitäre“ Einsätze mit entsprechenden Regeln. In den Seeräubergebieten rund ums Horn von Afrika hat das dazu geführt, dass die dort eingesetzten Schnellboote nur Dank ihres noch kräftigeren Diesels der Kaperung durch somalische Seeräuber entkamen, denn noch nicht mal die Bordwaffen waren im einsatzbereiten Zustand, sondern noch von der Persenning wie im friedlichen Heimathafen geschützt. Vollends pervers wird es dann, wenn wie im jugoslawischen Bürgerkrieg die Niederländer, auf den Golan-Höhen die Österreicher untätig daneben stehen, während wehrlose abgeschlachtet werden.

Ich erinnnere eine Fernsehdiskussion während des Jugoslawienkrieges, in der ein Planer der BW-Hochschule Hamburg genau vorausgesagt hat, was passieren wird, wenn der Einsatz so erfolgt wie von der Politik geplant, Massaker eingeschlossen. Eine Politikerschlampe entgegnete darauf ziemlich arrogant „Ich bin gewählt! Ich werde entscheiden! Und da werde ich mich nicht an den Meinungen irgendwelcher selbst bestellter Fachleute orientieren, sondern an den politischen Notwendigkeiten!“ – Es kam so, wie der BW-Fachmann prophezeit hat, und statt Milosevic hätte man lieber diese Politiker-Schlampe verurteilen und einsperren sollen.

Spätestens seit der Fernsehserie JAG weiß jedes Kind, dass das Militär über eine eigene Militärgerichtsbarkeit verfügt und Vergehen nach Militärstrafrecht abarbeitet. Da man hier krampfhaft das Wort Krieg für einen Krieg vermeidet, gilt das für die Bundeswehr natürlich ebenfalls nicht. Deutsche Soldaten, die im Einsatz geschossen haben, müssen sich in Deutschland vor einem Zivilgericht verantworten, die Klage führen zivile Staatsanwälte. Dort ist der Beweis zu führen, dass die Soldaten in Notwehr zurück geschossen haben. Geschädigte können auch vor einem deutschen Zivilgericht auf Schadensersatz klagen. Es ist schon mehr als nur eine Verhöhung, wenn man Soldaten ins Feuer schickt und hinterher „Mörder, Mörder!“ skandiert, wenn sie tatsächlich löschen mussten.

Nicht nur bei Einsätzen ist die Bundeswehr komplett falsch aufgestellt, auch im Lande selbst wird so ziemlich alles getan, um keine Kampfkraft aufkommen zu lassen. Der Soldat wird als Bürger in Uniform verstanden, und die Gesamtarmee als spezielle Zivilverwaltung. Der Soldatenberuf ist nun mal etwas anderes als ein Zivilberuf. Die Leute müssen in Extremsituationen funktionieren im wahrsten Sinne des Wortes, wobei sie ihr Leben einsetzen und manchmal auch verlieren (aber jeweils nur ein Mal – auch das ein Unterschied zur Gamer-Welt). Funktionieren sie nicht, steigt die Zahl der Toten sprunghaft an. Damit das sicher gestellt ist, ist eine entsprechende Ausbildung und auch eine entsprechende Befehlsstruktur notwendig. Kurz gesagt, das zivile verschlampen und diskutieren mit dem Chef führt unweigerlich zur Katastrophe. Je extremer die möglichen Situationen, desto härter dieser Drill. Wer sich Full Metal Jacket angeschaut hat, weiß was gemeint ist. In Deutschland dürfen sich aber Journalisten, die selbst nie bei der BW waren, aber natürlich DIE Fachleute sind, frei das Maul über die Ausbildungsmethoden selbst in Eliteeinheiten zerreißen, von Verstößen gegen Menschenrechte fabulieren und lautstark die Absetzung der Offizieren fordern – und politisch wird dem nachgegeben. Am Ende stehen dann Truppen, die bei einer Wanderung mit einem normalen deutschen Rentner im Harz vor Erreichen des Brockens wegen Erschöpfung aufgeben, und Offiziere, die stets überlegen müssen, ob ein Rüffel sich nicht schon zu einer justiziablen Beleidigung auswächst. Oben in der Hierarchie stehen letztlich nur noch Politoffiziere, weil die härteren Kampfoffiziere durch politische Manöver ausgemuster wurden. Die sorgen dann willfährig dafür, dass sich der Schlenderjahn in die Breite ausdehnt. Ob Motoren noch laufen oder Gewehr noch schießen wird unwichtiger als halal-Verpflegung für Moslems, modisch passende Schwangerschaftsuniformen und politisch korrekt formulierte Befehle.

Auch die Verwaltung nimmt immer mehr Züge der zivilen staatlichen Verwaltung an, will heißen, dass kaum noch was funktioniert und jeder Vorgang endlos verschleppt wird. Das eigentlich moderne der modernen Armeen, die Logistik, funktioniert ebenfalls nicht mehr. Die Beschaffungsstellen, also das Zentralamt in Koblenz, hat teilweise keine Unterlagen über die Geräte, und Bedarfsmeldungen der im Außeneinsatz befindlichen Truppen haben teilweise monatelange Bearbeitungszeiträume, d.h. die Einsätze müssen vom Parlament geradezu zwangsweise verlängert werden, damit die Bestellungen auch noch ankommen und nicht noch größeres Chaos ausbricht. Die BW gleicht einer Baustelle auf einer der unwichtigen Autobahnen: Material kommt nicht, und wenn es kommt, ist das Personal, das es verarbeiten soll, woanders eingeplant und es passiert wieder nichts. So sind die U-Boote zum Teil deshalb nicht einsatzfähig, weil die benötigten Ersatzteile von den Unternehmen erst dann geliefert werden, wenn zuvor eingegangene Bestellungen ziviler Unternehmen oder ausländischer Besteller abgearbeitet sind, was die Beschaffungsabteilung aber nicht daran hindert, einen Beschaffungsprozess für ein Verschleißteil, dessen Lebensdauer überschaubar ist, erst dann einzuleiten, wenn das Teil tatsächlich kaputt ist – natürlich streng nach Regeln der Zivilverwaltung mit internationaler Ausschreibung, Bieterprozess, Zuschlag für den Billigsten usw.

Hier etwas ändern zu wollen ist vermutlich unmöglich, denn es handelt sich schließlich um eine Parlamentsarmee, was im Klartext heißt, dass sich jeder Polit-Arsch beliebig einmischen darf und das vermutlich auch macht. Die Bundeswehr funktioniert also nicht nur wegen eines Fehlers derzeit nicht, sie ist ein einziger Fehler, und daran wird auch eine Verdopplung des Haushalts nichts ändern. Zum Glück haben wir derzeit auch keine Feinde, zumindest nicht die, die uns immer präsentiert werden. Der Balkan und die UdSSR haben gezeigt, wo ein gewaltsamens Zusammenzwängen unterschiedlicher Völker endet, und die derzeitigen Machthaber haben diese Zerfälle selbst miterlebt. Warum sollte Russland, ob nun unter Putin oder jemand anderem, erneut in dieses Chaos stolpern und andere Länder erobern wollen? Selbst die Amerikaner mit ihrer gewaltigen Terrormacht bekommen es inzwischen ja noch nicht einmal bei Zwergstaaten hin.

Die Bundeswehr sollte auf das zurück geführt werden, was grundgesetzlich definiert ist: eine Armee zum Schutz des Heimatlandes. Und sie sollte organisatorisch auf eine Armee zurück geführt werden, in der Zivilisten mit ihren Ansichten nun mal wenig zu suchen haben. Und die Deutschen, und dazu zähle ich alle, die sich als Deutsche sehen (die anderen sollen bitte dorthin gehen, wo sie ihre Heimat sehen), sollten einen neuen Nationalstolz entwickeln, zu dem auch eine Achtung der eigenen Armee gehört. Es braucht dann keinen riesigen Haushalt, denn vielleicht außer den US-Amerikanern wird es sich jeder überlegen, ob er eine Nation angreift, die sich absehbar als Ganzes wehren wird.