Facebook ist ein soziales Medium. Nachrichten, die jemand einstellt, sollten seine Freunde interessieren und diesen angezeigt werden, und auch Fremde sollten an sie herankommen, wenn sie öffentlich sind. Ist das so?
So lange man 10 Freunde hat, sicher kein Problem, doch die Zahl der Freunde bei facebook liegt bei vielen im 100er-Bereich und erreicht bei manchen auch schon mal 500-1.000. Eine Möglichkeit der Nachrichtenverbreitung wäre, alles chronologisch zugänglich zu machen, was aber dazu führt, dass man nur die Nachrichten der letzten paar Minuten sieht. Zielführender und von den sozialen Netzwerken wohl eher verfolgt ist eine Zufallsauswahl: aus den neuen Nachrichten wird eine zufällige Auswahl getroffen und dem Leser präsentiert. Wenn der mehr von einem bestimmten Freund wissen will, muss er dessen Chronik anklicken. Zu dieser Zufallsauswahl passt, dass man in der Regel jeweils andere Beiträge präsentiert bekommt, wenn man auf eine Chronik oder einen spezielle Post wechselt. Erst weiter unten treten dann wieder Posts aus der letzten Ansicht auf.
Manche Posts tauchen aber auch gar nicht auf. Ist das Zensur? Nicht unbedingt. Facebook muss das ja irgendwie organisieren. Plausible wäre eine beschränkte Liste, die jedes Mal neu bestückt wird, und eine zweite längere Liste, die sich aus der beschränkten Liste zumindest teilweise füllt. Man sieht jedes Mal etwas Neues und weiter unten zumindest teilweise wieder das Alte. Ein solches rein statistisch arbeitendes Modell kann bei hunderten von Freunden mit ebenfalls jeweils hunderten von Freunden auch dazu führen, dass keiner der Freunde einen bestimmten Post zu Gesicht bekommt.
Der Betreiber wird die statistische Auswahl aber vermutlich noch nach weiteren Kriterien organisieren. Reine Links können möglichweise als weniger relevant als Wortbeiträge bewertet werden und tauchen dann auch weniger häufig in auf den Seiten der Freunde auf. Bösen Willen muss man dabei nicht unterstellen, allenfalls Undurchsichtkeit, weil der Betreiber seine Kriterien nicht offenbart. Aber auch das ist Verständlich, denn schließlich ist das Betriebs-Know-How, das man Wettbewerbern nicht unbedingt offenbaren will, und mit einiger Sicherheit sind die Kriterien auch ziemlich dynamisch, weil der Betreiber natürlich auch auf Unmut seiner Kunden reagiert (ich habe z.B. eine längere fb-Pause eingelegt, und das, was ich heute zu Gesicht bekommen, folgt anderen Auswahlkriterien von fb als früher).
Gibt es also Zensur auf Facebook in der Form, dass auch Inhalte ausgewertet und als zusätzliche Kriterien dafür herangezogen werden, was dem Nutzer präsentiert wird? In der Form eines Nutzerprofils wird sicherlich analysiert, was man so für Vorlieben hat, denn die Werbung muss ja auch präsentiert werden. Ob das aber zur Zensur genutzt wird, um den Zugriff auf bestimmte Inhalte zu unterdrücken? Manche Nutzer haben diesen Eindruck, aber das ist zunächst nur ein Bauchgefühl, das auch durch die Statistikkriterien bedingt sein kann, ohne dass eine echte Zensur dahinter steckt.
Interessant wäre es aber allemal, die Kriterien, nach denen man etwas zu sehen bekommt, genauer zu untersuchen. Notwendig wäre dazu zunächst eine hinreichend große Anzahl von Nutzern, die Buch führen, was sie veröffentlichen, und Buch führen, was sie zu sehen bekommen. Das klingt aufwändig und ist es auch, wenn man es manuell machen will, ließe sich aber durch ein paar einfache Bots, die als Add-On im Browser installiert werden, automatisieren: bei jedem Besuch wird der Bot aktiviert und sammelt Daten. Anschließend müsste man dies zusammenführen und ein wenig Data-Mining damit betreiben. Wer Lust auf so was hat: ich bin dabei, soweit ich noch Zeit dafür finde.