Demokratische Wahlen – aber wie?

Ich weiß nicht, ob es alle mitbekommen haben, aber die (Schl)ampelregierung hat wieder eines auf den Hut bekommen. Vom Bundesichfasseesnichtmehrgericht. Das hat nämlich das neue Wahlgesetz kassiert.

Hintergrund war der immer weiter ausufernde Bundestag, der eigentlich 599 Mitglieder haben sollte, derzeit jedoch bei ca. 735 liegt. Grund sind die so genannten Überhangmandate. Die kommen, grob gesprochen, dadurch zu Stande, dass sich die großen Parteien zu Lasten der kleineren bedienen. Und das geht so:

In jedem Wahlkreis wird ein Direktkandidat und mit der Zweitstimme eine Partei gewählt. Die simpelste Lösung wäre, die Ergebnisse zu trennen: wenn eine Partei in Summe 30% aller Zweitstimmen aus allen Wahlkreisen erhält, ziehen 30% der (auf 100% ausgelegten) Listenkandidaten zusätzlich zu den direkt gewählten ins Parlament. Das wäre zwar vermutlich gerecht, ist natürlich zu simpel, weil sich die großen Parteien benachteiligt fühlen. Und das geht so:

Listenmandate + Direktmandate müssen dem Zweitstimmenergebnis folgen. Gewinnt eine Partei 15% der Direktmandate, hat aber nur 10% der Zweitstimmen erhalten, würde sie nun 25 Mandate besitzen, wenn wir von jeweils 100 Mandaten bei Direkt- und Listenstimmen ausgehen. 25 von 200 sind aber 12,5% Gesamtstimmenanteil, also mehr als die 10% des Zweitstimmenergebnisses. Man kann nun leicht ausrechnen, dass relativ kleine Parteien, die viele Direktmandate durchbringen, so mehr profitieren als die großen Parteien. Zudem ist das natürlich den Parteioberbonzen ein Dorn im Auge, weil Direktmandate schwerer zu kontrollieren sind. Die Abgeordneten besitzen eine Hausmacht in ihren Wahlkreisen. Die Lösung: die größere Partei, die 20% der Zweitstimmen gewonnen hat, aber nur 15% der Direktmandate, hätte jetzt „nur“ einen Gesamtanteil von 17,5% im Parlament. Um wieder auf 20% zu kommen, werden weitere Kandidaten aus den Listen hinzu gefügt, bis das Verhältnis 10%:20% bezüglich der Gesamtanzahl der jeweiligen Abgeordneten wieder stimmt. Bei vielen Parteien kann das Berechnungsverfahren recht kompliziert werden, aber die Zahl der Parlamentarier steigt (die Überhangmandate) und die Parteibonzen sind zufrieden, werden die Ränge doch mit Abhängigen aufgefüllt, die leicht unter Druck gesetzt werden können.

Was man von diesem Wahlsystem halten sollte, darf jeder selbst entscheiden. Die Ampel hat sich nun eine Verschärfung ausgedacht und ist damit (teilweise) gescheitert. Es gibt ja die 5%-Hürde bei den Zweitstimmen. Parteien, die weniger Stimmen bekommen, werden nicht berücksichtigt, falls – ja falls sie nicht ein paar Direktmandate bekommen. Der Trick der absaufenden Ampel: Direktmandate sollten auch nicht gelten, wenn die Partei weniger als 5% erhält. Das ist ein derart eindeutiger Tritt in den Arsch der Demokratie, dass es selbst das Bundesichfasseesnichtmehrgericht geschüttelt hat: direkt von einer Mehrheit in ihrem Wahlkreis gewählte Kandidaten kommen trotz der erzielten Mehrheit nicht ins Parlament.

Ziel der „Reform“ war ziemlich eindeutig die CSU, die regelmäßig mit ca. 40 Direktmandaten im Bundestag sitzt, aber kaum 5% zusammen bringt, da sie nur in Bayern antritt. Würde sie – ihre Position wackelt ja inzwischen auch – landesweit nur auch 4,99% kommen, würden auch alle Direktmandate verfallen – zu Gunsten von Rot-Grün, versteht sich. Wahlfälschung vom Feinsten, aber nun teilweise gestoppt ¹⁾.

Wie machen das andere Länder?

Großbritannien. Da scheint es nur Direktmandate zu geben, wobei das System lange Zeit auf zwei Parteien begrenzt war. Das spiegelt zumindest genau das wieder, was in den Wahlkreisen gedacht wird. Verzerrungen sind natürlich auch hier denkbar, wenn eine Partei weniger als 50% ihrer Kandidaten durchbringt, die aber jeweils mit Mehrheiten von 75%, während die andere Partei ihre mit nur 52% durchbringt. Das gesamte Land ist so ebenfalls nicht repräsentiert, ist aber vermutlich immer noch die derzeit beste Option. ²⁾

Frankreich. Da ist es auf eine andere Art perfide. Gewählt wird direkt, aber mehrfach. Wenn der Gewinner des 1. Wahlgangs die absolute Mehrheit verfehlt, werden Kandidaten aus dem Rennen genommen und neu gewählt, d.h. ein Teil der Wähler muss nun zwischen Kandidaten entscheiden, die sie gar nicht wollten. Propaganda, Wahlenthaltungen und sonstigen Schummeleien sind hier Tür und Tor geöffnet.

Das Ergebnis kann man an den letzten Wahlen absehen: der Front National hätte im ersten Durchgang nach dem Anteil der für seine Kandidaten abgegebenen Stimmen nach dem deutschen System fast die absolute Mehrheit von 376 Abgeordneten erreicht, muss sich aber nun mit ca. 190 zufrieden geben, weil durch den Mehrfachwahltrick die eigentlich unterlegenen Kontrahenten bedient wurden.

USA. Das Präsidentenwahlsystem stammt noch aus der mittleren Steinzeit, als noch keine sicheren Kommunikationswege in dem Riesenland existierten. Man führte eine einfache Mehrheitswahl in den Wahlkreisen durch und beauftragte Wahlmänner, das Ergebnis nach Washington zu tragen. Alle Wahlmänner eines Wahlkreises haben geschlossen für den Mehrheitskandidaten zu stimmen, auch wenn der nur eine Stimme mehr hat als der zweite. Zudem wurde die Anzahl der Wahlmänner pro Wahlkreis vom Geld bestimmt: die kleinen Ostküstenstaaten mit ihrem großen Kapital hatten so mehr Einfluss als die Outlaws in Arizona oder die Hill-Billies aus den Waldstaaten. Das ist auch heute noch so und vermutlich sind von den bisherigen 46 Präsidenten vielleicht 2 oder 3 tatsächlich von einer Mehrheit der Bevölkerung gewählt worden. ³⁾

Was tun? Der Wille der Mehrheit des Wahlvolkes lässt sich bei keinem der Verfahren wirklich abbilden und unmittelbare Abstimmungen wie in der Schweiz ließen sich aufgrund des Aufwands bisher auch nur bedingt durchführen. ⁴⁾ Mit Hilfe des Internets wäre eine Abhilfe möglich.

Bei jedem Detail abstimmen ist aber auch kein Weg, denn dann müsste sich jeder permanent mit allem auseinander setzen und Kompromissverhandlungen wären kaum möglich. Die Piratenpartei hatte als Alternative die so genannte „floating democracy“ ins Spiel gebracht, die eine bedingte Mitwirkung des Wählers bei Entscheidungen ins Spiel bringt. Und das könnte so gehen:

Zunächst wird normal gewählt, weil man unterstellen kann, dass in den meisten Fällen die Ansichten eines Wählers durch eine Partei abgebildet wird, zumindest in Form eines bestmöglichen Kompromisses. Sodann läuft es weitgehend ebenfalls nach dem normalen Muster – bis eben Entscheidungen anstehen, wo die Interessen von Abgeordneten und Wählern divergieren könnten.

Tritt solch ein Fall ein (die Kriterien dazu wären zu definieren), kann ein weiteres Mal themenbezogen gewählt werden: die Abgeordneten definieren ihre Standpunkte und die Wähler wählen nun den Abgeordneten, dessen Standpunkt ihrem am nächsten steht, und das kann einer von einer anderen Partei sein als der, die er ursprünglich gewählt hat. Der sonstige Prozess läuft ganz normal ab, wobei aber bei der Abstimmung dann bestimmte Abgeordnete mehr Gewicht haben. Ihre Stimme wird dann x-fach gegenüber anderen gezählt, und da das bereits vorher bekannt ist, hat das auch Einfluss auf irgendwelche Kompromisse. Der Wählerwille wird besser repräsentiert, ohne den Abgeordneten zu viele Freiheiten zu nehmen oder den Wähler stark zu belasten.

Bestechend als Idee für gelebte Demokratie, aber wohl eher problematisch und nicht realisierbar, so lange ein voll verblödetes Volk von einem Haufen kaum minder aufgestellter Vertreter repräsentiert wird. Notwendig wäre ein Politik-Führerschein sowohl für Wähler als auch für Gewählte. In den Zeiten der römischen Republik und der griechischen Stadt-Staaten gab es schon mal gut definierte Vorbedingungen, um bei Staatsentscheidungen mitzuwirken zu dürfen, aber heute? Undenkbar.


¹⁾ Teilweise, weil das Bundeswerkanndasnochfassengericht einen Passus bestätigt hat: Parteien unter 5% müssen mindestens 3 Direktkandidaten durchbringen, damit diese ins Parlament kommen. 1 oder 2 bleiben draußen. Die Korrektur ist eindeutig eine „pro CSU – kontra Linke“-Entscheidung, denn die Linke wäre wohl draußen, da sie zu wenige Direktmandate hat(te).

Das ist aber leicht zu erklären, denn die Leitung des Bundesparteipolitischenabsegnungsgerichtes wurde von Merkels CDU in Form von Stephan Habarth besetzt. Seitdem fällt es Urteile im CDU-Interesse wie etwa die Aussetzung des Art. 2 GG in Sachen „Impfung“ oder das Ausbremsen von Rot-Grün durch Stoppen deren Haushalts. Wie hätten die Urteile einschließlich des aktuellen wohl ausgesehen, wenn es von der SPD oder den Grünen besetzt worden wäre? Und wie, wenn anstelle von Rot-Grün ein Friedrich Merz die Befehle aus New York (Sitz der Black Rock-Zentrale) ausführen würde?


²⁾ Direkt gewählte Abgeordnete sind zwar unabhängiger von der Parteiführung als Listenkandidaten, aber Fraktionszwänge lösen die Entscheidungsfreiheit bei den Abstimmungen zum großen Teil wieder auf.


³⁾ Hinzu kommt Betrug jeglicher Art wie manipulierbare Wahlmaschinen, Eintrag von Toten in die Wählerlisten und Einscannen großer Mengen gefälschter Wahlzettel, letzteres besonders bei der Wahl von Biden. Das ist keine Spekulation, sondern bewiesen (so wurde der Einsatz von US-Wahlmaschinen in Australien ausdrücklich verboten). Allerdings läuft das in den USA ähnlich wie hier: Gerichte ignorieren regelmäßig die Beweise und Zeugenaussagen und erklären alles für rechtmäßig, und wer danach noch etwas anderes behauptet, wird kriminalisiert.


⁴⁾ Selbst in der Schweiz ist das Votum aber nicht immer bindend.