„Wir bürgern jetzt“

ist das neue Schlagwort, sein Ein- und Auskommen ohne Arbeit zu sichern. Im Gegenzug finden immer weniger Chefs noch Leute, die für sie arbeiten wollen, was auch für Ungelernte gilt und somit die Ausrede, es fehle an den passenden Qualifikationen, Lügen straft.

https://reitschuster.de/post/millionen-leben-vom-buergergeld-und-chefs-suchen-vergeblich-nach-arbeitern/

Allerdings werden die Gründe nur mangelhaft beschrieben, wenn von „zu hohen Steuern“ die Rede ist. Da kommt noch einiges mehr zusammen. Die Steuern sind nämlich bei geringen Einkommen in der Regel noch relativ erträglich und einer der kleineren Posten in der Abzugstabelle. Sehr viel mehr schlagen die Sozialversicherungen – Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung – zu. Mit denen summieren sich die Abzüge selbst bei geringen Einkommen schnell in die Größenordnung von fast 1/3 des Gehaltes, d.h. wer beispielsweise 1.000,- € netto ausgezahlt haben möchte, muss schon etwa 1.400,- € brutto verdienen.

Hinzu kommen weitere Punkte: Arbeitsverdienst ist Arbeitsverdienst, egal wie groß die Familie ist – das sieht bei den kostenlosen Sozialleistungen anders aus, deren Gesamthöhe auch von der Anzahl der Köpfe abhängt. Zudem gibt es weitere „Bedarfsleistungen“, die es bei eigener Arbeit auch nicht gibt, also Zuschüsse für irgendetwas (z.B. Miete, Geräte, „gesellschaftliche Teilhabe“, irgendwelche Beratungen usw). Zudem dürfte es für einen Wohnungseigentümer deutlich schwerer sein, einen „Sozialfall“ auf die Straße zu setzen als einen Geringverdiener. Auch so etwas spricht natürlich gegen eine eigene Arbeit.

Mancher wird auch abwägen, was für ihn angenehmer ist: eine vielleicht in Teilen langweilige Untätigkeit oder ein Bullshitjob, der aufgrund fehlender Kollegen noch sehr viel bullshittiger ausfällt als er müsste. Ab einem gewissen Punkt wird der eigentlich arbeitsame Mensch nämlich nicht mehr bereit sein, jeden Scheiß unter Druck zu machen und dafür noch von seinem Chef beschimpft zu werden.

Könnte der nicht freundlicher sein und einfach besser zahlen? Nun, auch der hat es nicht leicht. Wenn man nämlich genau hinschaut, stellen die Abzüge auf dem Lohnzettel nur einen Teil der Abzüge dar. Für den Rest der Krankenversicherung usw. muss nämlich der Chef aufkommen. Hinzu kommen immer mehr „Dokumentationspflichten“, Gestaltungspflichten des Arbeitsplatzes, Kontrollen durch Ämter, Pflichtmitgliedschaften in allen möglichen Verbänden usw. Im Grunde muss der Arbeitgeber mindestens die Abzüge des Arbeitnehmers noch einmal draufsatteln, wenn er seine Kosten ermitteln will. Ihn kostet der Arbeitsplatz dann ca. 1.800,- €, von denen der Arbeitnehmer besagte 1.000,- € ausgezahlt bekommt. Rechnet man dann noch Urlaubs- und Feiertage hinzu, muss ein Arbeitnehmer in einem Monat Arbeit einen Wirtschaftswert von ca. 2.000,- € erzeugen, den der Chef dann verkaufen kann, um an das notwendige Geld zu kommen, und von diesen 2.000,- € bekommt er nur knapp die Hälfte ausgezahlt, während sein Arbeitgeber bei diesem Stand der Rechnung noch nicht mal 1 ct für sich und seinen Lebensunterhalt behalten kann. Muss man sich da über den Rest noch wundern?

Muss das sein? Nein, muss es nicht, aber wenn ein Großteil der Versicherungsleistungen von der Politik irgendwo auf der Welt für andere Sachen verpulvert und durch irrsinnige Regulierungen dafür gesorgt wird, dass auf 1-2 tatsächlich produktive Beschäftigte 1 Verwalter kommt (fallweise sogar mehr), der entweder vom Betrieb auch noch beschäftigt werden muss oder in irgendeinem Amt sitzt und sich neue Behinderungen ausdenkt, kommt es zwangsweise zu solchen Verhältnissen. Und bei der Negativauslese an Führungspersonal mit ihrem Besserwissen und Führungswahn wird der Anteil der Verwaltung immer weiter zulegen. Unter Einbeziehen von „wir bürgern jetzt“ und der Verwaltungswut wird der „Wohlstand“ von einer immer kleineren Gruppe erwirtschaftet, was bereits jetzt vorne und hinten nicht reicht, wie man leicht feststellen kann. Die Liste der Leistungen, die nicht erbracht werden, ist inzwischen deutlich länger als die der erbrachten, und folglich geht es mit diesem Staat immer schneller bergab.

Merken tun das vermutlich bereits sehr viele und wer von denen schlau ist, „bürgert jetzt“. Bemerken tun es immer noch viel zu wenige, wie der anhaltende Erfolg der Verwalterpartei, der CDU, es verdeutlicht. Aber die Staatsdiener wird es wohl auch noch treffen.


Die angegebenen Zahlen sind natürlich nur grobe Schüsse, denn was wirklich für wen wo heraus kommt, hängt von der Betriebsart und der Betriebsgröße ab. Für Großunternehmen sieht die eine oder andere Rechnung etwas besser aus, aber wenn die inzwischen in Scharen das Land verlassen, sagt das Einiges aus – genauso wir die Ignoranz des Exodus.