Schau nicht in den SPIEGEL !

SPIEGEL, SPIEGEL in der Hand,

wie ist die Lage in unser’m Land?

Mist!“ denkt der so angesprochene Redakteur, „der Kerl steht voll im Weg und ich seh‘ nix, muss aber jetzt was sagen.“ Und er hub all so an:

In einem Land nicht fern von hier,

da wohnt ein Mann, so glaube mir,

der hat in einer dunklen Nacht

sich Folgendes nun ausgedacht:

Dummerweise bekam selbiger Mann das auch mit und meldete sich zu Wort „Ey, Compadre! Ich war mit Conchota einige Cocktails schlürfen, und anschließend haben wir … äh … nun, ja, auf jeden Fall war das keine Gelegenheit, sich was auszudenken.

Da wurde etwas geschrieben, was nicht geschehen ist!!

Empörten sich 99% der Journalisten spontan (1%-1 waren gerade mit einer wichtigen Enthüllungsstory beschäftigt – einem Nacktfoto von Helene Fischer unter der Dusche – und haben verständlicherweise nichts mitbekommen). Allerdings regen sich 32% der Journalisten zu Unrecht auf, weil sie nur von sich ablenken, haben sie doch beispielsweise von Hetzjagden berichtet, die nicht stattgefunden haben, sich also des gleichen Erfindens von Geschehnissen schuldig gemacht. Bleiben somit 67%, die sich aufregen dürften.

Wir müssen aber weitere 48% von der Liste streichen, denn wenn man deren Reportagen anschaut, stellt man fest:

Da wurde etwas nicht geschrieben, was geschehen ist!!

Etwas nicht zu berichten, und zwar ganz gezielt nicht zu berichten, ist eine genauso verruchte Tat wie die erste. Das reicht von gesellschaftliche wichtigen Nachrichten über Migranten bis zu den NATO-Anteilen an den Kriegen und Unruheherden. Bleiben 19%. Dürften die alle nicht mehr berichten, würden ARD, ZDF und Deutschlandfunk mehr oder weniger nur noch Musiksendungen bringen, und die ZEIT wäre von über 100 auf 19 Seiten geschrumpft, ein Großteil davon Kochrezepte. Schauen wir uns die 19% an.

Da wurde etwas geschrieben, was geschehen ist ?

Ja, doch, und zwar alles, d.h. zu fast jeder Meldung eine Gegenmeldung, z.B. über die Gefährlichkeit von Diesel-NOx. Solche Widersprüche sowie die nicht in die Widerspruchskategorie fallenden Meldungen muss man in einen logischen Kontext einbetten. Der Leser kann das nicht selbst. Und da man als Journalist zwar nicht alles weiß, aber dafür alles besser weiß, benutzt man auch die Oberkategorie zum logischen Kontext, nämlich den ideologische Kontext. Das geht so weit, dass der menschliche Gegenstand des Berichtes eigentlich gar nichts mehr machen muss. Höflicherweise wartet der Journalist zwar meist, bis der etwas gesagt hat, aber für den Bericht wäre das nicht nötig, denn man kann auch so genau schreiben, was derjenige gemeint hat, falls er über das Thema nachgedacht und etwas gesagt hätte. Das betrifft beispielsweise die komplette Berichterstattung über die AfD, und wenn deren Mitglieder wissen wollen, wie sie zu einem bestimmten Thema stehen, brauchen sie nur die Zeitung aufzuschlagen und es nachzulesen. Das Problem besteht darin, zu den dort gefundenen eigenen Gedanken das Thema zu finden. Joepardy nennt man das, glaube ich.

Zieht man nun alle ab, die

schreiben, was im ideologischen Kontext hätte passieren müssen

bleibt eigentlich nur noch Harald Martenstein mit seiner Kolumne übrig, der das Recht hätte, sich über den SPIEGEL-Redakteur aufzuregen. Aber genau der hat sich noch nicht zu Wort gemeldet.

Wozu also die ganze Aufregung?