Manngelde Rächtschraibunck is gefärlich

Mit Sorgen sind die PISA-Ergänzungsergebnisse zu betrachten, nach denen die deutschen Schüler und Jugendlichen zunehmende Lese- und Rechtschreibkenntnisse aufweisen, können doch schon kleine Fehler dauerhafte soziale Ächtung nach sich ziehen.

Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Bringt man sein Moped mit den Worten

Ist es ok, wenn ich mein Schätzen, die 107er RoadKing, erst morgen wieder abhole?

in die Werkstatt, ist das völlig in Ordnung. Doch bereits ein kleiner Schubser an einem der Kommata ist fatal:

Ist es ok, wenn ich, mein Schätzchen, die 107er RoadKing erst morgen wieder abhole?

Die Dame hinter dem Annahmetresen darf sich nun mit Recht sexuell mit fast vollendeter Vergewaltigung belästigt fühlen, worauf dann mit voller Gewalt und ohne Gnade die in solchen Fällen anzuwendende Gerüchtsbarkeit zuschlägt. Und die hat es in sich, ist doch in der Gerüchtsprozessordnung (GPO) nachzulesen:

§1. Behauptungen dürfen jederzeit öffentlich erhoben oder erhobene Behauptungen öffentlich weiter verbreitet werden.

§2. Beweise sind nicht notwendig. Bei Fehlen von Beweise sind die Behauptungen als Beweise anzusehen.

§3. Eine Verteidigung oder eine Vorlage von Gegenbeweisen ist unzulässig.

§4. Der Beschuldigte ist automatisch zur einzig vorgesehenen Strafe, nämlich der Höchststrafe, verurteilt, und als vogelfrei zu betrachten. Die Verbreitung des Gerüchtsurteils und dessen Vollstreckung kann durch jeden erfolgen.

§5. Das Unterlassen der Verbreitung eines Gerüchtsurteils oder Kritik an einem Gerüchtsurteil zieht unmittelbar ein Gerüchtsverfahren gegen den Betroffenen nach sich.

§6. Es existiert keine Verjährungsfrist.

Als kleines Beispiel sei an den Fall des gerüchtlich verurteilten FDP-Frauenschänders Brüderle erinnert. Dieser hatte eine Journalistin mit den Worten „Sie könnten aber auch ein Dirndel ausfüllen.“ vergewaltigt, was diese aber erst mit einem Jahr Verspätung bekannt gab. In der Sendung von Anne Will kam nun heraus, dass die Dame sich keineswegs durch diese Aussage belästigt fühlte und ihrerseits vorsätzlich diese Situation provoziert hatte (sich nämlich einem älteren angetrunkenen Mann an der Bar ein-, zwei- oder gar dreideutig zu nähern).